Die Kinderpäpstin reckte ihre Hände auf freiem Felde zum Himmel und betete, die Stimme erhebend gleich einer Laubfröschin, also: All diese Schäflin und Zicklin und Öchslin und großen Ochsen, mir anvertraut, zwar nicht von Ewigkeit zu Ewigkeit wie nur Dir allein, aber doch von einem Ende der großen Legislaturperiode zum anderen, sie fressen mir aus der Patschhand und ich lenke sie mit der Geduld der Starken, die nimmer nachlässt in ihrem Begehren, die gute alte Erde sich selbst zu überantworten, wissend, dass alle Wildheit nur ein Vorhang ist, hinter dem Deine Werke in ewig gütiger Patina strahlen – warum aber, mächtiger Geist über den Wassern und all den Abgründen der Welt und der Seele, schweigst du so beharrlich zu meinen Sonn- und Werkeltagspredigten? Warum überlässest Du es meinem bescheidenen Redefluss, der sich so leicht in sich selbst verläuft, als renne ein Fuchs seinem Schwanz hinterher, den Pinseln im Lande den Stoff zu liefern, dessen sie bedürfen, um Wand und Haus zu beschmieren, dass es eine Pracht ist? Doch wenn ich es recht bedenke: Es ist schon besser, dass du mir das güldene Werkzeug der Sprache zu meinem Belieben überlässt. Denn siehe, ich allein besitze die Zungenfertigkeit, mich seiner zu allerlei Hokuspokus zu bedienen. So wie gerade jetzt zum Beispiel, da ich den bethlehemitischen Stern zwischen ihre Geschlechter geworfen habe, damit sie an ihm entflammen und ihnen in Streit und Häme verlorengeht, wie sie einander und sich selbst anzureden hätten, auf dass Friede zwischen ihnen herrsche. Bisweilen geschieht es dann, dass mein Redefluss bis zum Überfluss anschwillt und dank des Beistands deiner ewig blühenden Natur donnernd zu Tal rauscht, einen Bäckerladen, eine Apotheke und am Ende gar die Dorfbrücke mit sich reißend, dass einem von Schlamm und Geröll und Geschrei der Ertrinkenden Hören und Sehen vergeht.

Das ist schon schlimm. Aber die Menschen achten auf meinen Ton und finden ihn wunderbar. Ich hebe ihren trostsuchenden Blick zu den Sternen und lasse sie hoffen. Selbst du musst zugeben, das ist ein feiner Zug an mir, dem sich weder Hitze noch Kälte, weder Durst noch Ersaufen in den Weg stellen können: Ich kenne die Formeln, sie untereinander auf immerdar zu entzweien und so auf geordneten Bahnen, sorgsam getrennt nach Gesinnung und einander spinnefeind, deinen Reichen entgegen zu führen, wo es, dank der himmlischen Windmühlen, weder an Licht noch an Elektrizität gebricht und die knackigen Entladungen keine Wünsche offen lassen, so wie auch die Spannung immer wieder aufs Höchste steigt. Was aber, deute mir, ist das Höchste? Ich will es dir sagen, jetzt, da du schweigst, bevor du nicht doch einmal dieses bleierne Warten auf bessere Zeiten unterbrichst: Das Höchste ist es, den Narren aus den Menschen herauszukitzeln und sie irre zu machen an ihren alltäglichen Verrichtungen, auf dass sie sich wie die Lämmer…

Sagte ich Lämmer? Sagte ich wirklich Lämmer? Das ist mir nur so herausgerutscht, eigentlich wollte ich sagen, wir alle eilen doch auf dem breiten Pracht-Boulevard der Seven Heavens dem Tag und der Stunde entgegen, da sich unser irdischer Fußabdruck auflöst in Wohlgefallen, so wie wir uns selbst auflösen werden in Wohlgefallen, vorerst unser eigenes, gern aber darfst du dich anschließen, sobald du unsere Sprache und unsere Erkennungszeichen gelernt und einen Ausbildungsplatz erhalten hat. Wir geleiten dich dann durch die Stadt des Lichts und zeigen dir, wo Babel den Latz hängen hat, um es etwas unvornehm auszudrücken. Vorher aber wollen wir deinen Fußabdruck vermessen, du fossiles Ungeheuer, heteroleibiges Überbleibsel des Kolonialzeitalters. Ich fürchte, wir werden ihn, wie das Virus, überall finden. Dann wird auch dein Stündlein schlagen. Zero, zero, zero! Sieben Eier sollst du zerbrechen, sieben Geier sollst du erstechen, bis vergeht, was vergeht und entsteht, was entsteht. Stoßen sollst du, was fällt, tun, was dir gefällt, nageln, was das Zeug hält, verderben, die dich bestellt. Keine Stutenmilch wird dich erquicken, mit den jungen zusammen werden die alten Esel lernen, dich immerdar zu meiden – oh, oh, oh, nicht diesen Namen! Ein Mahnmal wird dich decken, ein ausgezeichnetes Monument unserer erdversteckenden Scham, reichend von Lüge zu Lüge, von Stuss zu Stuss und von Niedertracht zu Niedertracht, A…hhhh.

Eine aerosolbenebelte Fliege, die der Rednerin geradewegs in den Mund geflogen war, beendete den Schwall. Sie schluckte und nahm dankbar einen Schluck aus dem bereitgestellten Glas Wasser. Darauf steckte sie die Hände in die Hosentaschen und fragte die Nächststehenden: War ich gut? Es waren aber Journalisten und sie begleiteten sie noch ein Stück des Weges, da sie ohnehin die gleiche Richtung einschlagen wollten.