Ignoriert von der Welt, hat sich im linksspießigen Juste Milieu Berlins eine society aus Flüsterern, Doublespeak-Artisten und World-Restart-Phantasten herausgebildet, die, unter Überspringung der Terrorjahre, die spätstalinistische Melange des alten Ostblocks zu reproduzieren scheint –: wenn es einen bereits eingetretenen Erfolg der jüngsten ›Querdenken‹-Demonstrationen gibt, dann den, den Kontrast zur restlichen Republik, die bisher wie im Halbschlaf diese Entwicklung verfolgt und zugleich verschlafen hat, in wenigen Zügen aufgerissen und damit schmerzlich ins Licht der allgemeinen Wahrnehmung gerückt zu haben … leicht erkennbar an Politiker-Statements und Medien-Fehlleistungen, die vor allem anderen zum Ausdruck bringen, dass das in langen Jahrzehnten in Westdeutschland gewachsene Demokratiebewusstsein in den heute meinungsführenden Kreisen dieser Stadt vollkommen unbekannt geblieben zu sein scheint. Sie können es nicht fassen und klammern sich mit einer an Schwachsinn grenzenden Beharrlichkeit an die grotesken Aktionen irrlichternder Veganköche und sektiererischer ›Reichsbürger‹, statt der simplen Wahrheit ins Gesicht zu sehen, dass hier die Leute gekommen sind, der breite Querschnitt jener Bürger, die heute in diesem Land das Geld verdienen, sofern man sie nicht behördlicherseits daran hindert. Der demokratisch bewegte Bürger dieses Staates erscheint Berlins regierender Polit-Spezies wie ein Loch in der bunt bekritzelten Leinwand, aufgespannt zu Ehren ihrer Großen Vorsitzenden, vermutlich, um deren allzu große Blässe dahinter verschwinden zu lassen. Verschwunden, aus dem Bewusstsein getilgt ist das Westberlin Ernst Reuters und Willy Brandts. Es fehlte nicht viel und deren eigene Erben würden an die einschlägigen Straßen- und Platznamen Hand anlegen – jedenfalls besäße es die Konsequenz, die man in vielen Belangen schmerzhaft vermisst. Es laufen hier zuhauf grummelnde Ex-Sozialdemokraten herum, aber ihre Reflexe reichen, erst recht in Corona-Zeiten, nicht weit und ein bisschen Herrschaftstechnik genügt satt, um ihnen die innere Emigration schmackhaft zu machen. Die innere Emigration, ganz recht – da hocken sie in ihren Eigentumswohnungen und beäugen misstrauisch aus der Ferne den Demokraten-Auflauf auf der Straße des 17. Juni, auf dass er ihnen nicht zu nahe komme, denn das könnte ihr Image beschädigen. Was wiegt schon eine beschädigte Welt gegen ein beschädigtes Image? Nichts, könnte man auf der Fahrt durch die ehemalige Trümmerstadt meinen, die bereits wieder in Trümmer zu zerfallen beginnt, diesmal bei gesteigertem Bauvolumen, jedenfalls, was den Büroraum angeht, der durchs Homeoffice überflüssig gemacht werden soll – ein tolles Investment, leider nicht zielgenau, dafür spekulativ wie zu Hegels Zeiten, der schon einmal den Gang der Weltgeschichte zu Berlin am Schreibtisch entwarf, ganz ohne Brüsseler Außenstelle, doch Marx in London und Lenin in Zürich waren dann bekanntlich auch nicht schlecht.

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