Ein Politiker, der angesichts einer sich rapide aufbauenden Krise mit spitzem Finger auf das Land zeigt, das sein eigenes gerade, ökonomisch gesprochen, verspeist, und dabei den bekannt pharisäerhaften Ton anschlägt, muss wohl ein deutscher Politiker sein.

*

Nein, wir haben nichts vergessen. Uns fällt ja auch nichts auf.

*

Zwei Nachbarländer zerfallen. Höhnt das eine über das andere: »Wenn das mal gut geht.«

*

Mit nichts täuscht sich ein Land leichter als mit der Idee, besser aufgestellt zu sein als die Konkurrenz. Warum? Weil das die eine Idee zu viel ist, die alles verdirbt.

*

Selbst die prosperierendste Ökonomie der Welt fängt sich irgendwann in der auf dem Grund ihrer Prosperität lauernden Falle. Das ist der Kerngedanke der Ausbeutung, die ›notwendig‹ an ihr Ende gelangt. Bei der Bestimmung, wann und warum dies der Fall sein wird, werden die entscheidenden Fehler begangen.

*

Wer mit der Apokalypse hausieren geht, verspricht deinem Geld einen sicheren Hafen. Sobald er es hat, geht er weiter.

*

Jede Ressource ist endlich. Das gilt auch für die menschliche Intelligenz. Aber ihr Ende fällt mit dem der Gattung zusammen. Es lohnt daher nicht, sich ihrer vorzeitig zu begeben.

*

Zerstöre den Mittelstand und du zerstörst das Urteilsvermögen, auf dem eine freie Gesellschaft beruht. Zerstöre die Gesellschaft und du kannst dir den Mittelstand sparen.

*

Die gleichen Erwachsenen, die unter Konsumterror leiden, leiden unter seiner Abwesenheit am meisten.

*

Nicht leiden, dass Kinder leiden: Definition des Erwachsenen.

*

Tabuisiere die Lüge und deine Wahrheit bekommt einen falschen Klang. Tabuisiere die Wahrheit und du nötigst die Lüge, sie auszusprechen, als sei sie das, was alle bedroht. Tabu und Lüge geben ein gutes Gespann.

*

Wer dämonisiert, der terrorisiert.

*

Terror sagt: Euch wird das Lachen vergehen. Eine Gesellschaft, der unmerklich das Lachen verging, fragt: Welcher Terror?

*

Eine naturwissenschaftliche Lüge wird durch keinen gesellschaftlichen Willen geheilt.

*

Die einen entscheiden sich für die Wahrheit und die anderen für ihre Wahrheit. Wer sich für die Wahrheit entscheidet, hat zu tun, wer sich für seine entscheidet, hat frei. Leider bedeutet ›seine‹ Freiheit für die anderen Unfreiheit. Sie ist die Freiheit all derer, die fest daran glauben, Bescheid zu wissen, und daraus das Recht ableiten, ihre Umwelt um die Freiheit zu bringen.

*

Eine Fraktion benützt Argumente, um sie zu tauschen, eine andere, um zu täuschen: Mit der einen lässt sich reden, mit der anderen muss man verhandeln. Man kann aber bloß mit der verhandeln, die mit sich reden lässt.

*

Wer Bescheid weiß, wird an der Mehrheit derer, die nicht Bescheid wissen, zuschanden. Warum? Weil die Mehrheit immer Bescheid weiß. Zweifelsfähig sind nur Einzelne. Die Bereitschaft zu zweifeln schwindet, sobald die Menge anwächst.

*

Warum so allgemein? Wenn alle Argumente auf dem Tisch liegen und die Macht aushäusig ist, wird Lästern zur Bürgerpflicht.

*

Kultur paradox: ein hoch trainiertes, über Alltagsregeln in Fleisch und Blut übergegangenes Gefahrenbewusstsein entwickelt seine eigene Sorglosigkeit, die blitzschnell umschlägt, wenn Gefahr im Verzug ist. Ersetze diesen Mechanismus durch gut gemeinte, aber willkürlich wirkende Verbote und du erzeugst einen Haufen planloser … ganz recht: Idioten, die vor allem durch Halsstarrigkeit von sich reden machen. Das ist der Sinn des Satzes: Wem nicht zu raten ist, dem ist nicht zu helfen.

*

Es war keine gute Idee, die Intellektuellen durch Journalisten zu ersetzen. Aber das ist eine lange Geschichte und die Intellektuellen stünden nicht gut da, wollte sie jemand erzählen.

*

Wissenschaft kann nicht lügen, Wissenschaftler schon. Manche lügen grundlos, das sind bloß Aufschneider. Lügen aus gutem Grund führt ins Bodenlose.

*

Nicht das Lügen ist das Problem, sondern die Beleuchtung. Jeder Wissenschaftler, ob er will oder nicht, ist auch Beleuchter. Die klassischen Leuchten ihres Fachs waren entweder Kron- oder Armleuchter. Die heutigen sind fast ausnahmslos LEDs: klein, vielseitig einsetzbar und beliebig.

*

Politiker, die noch immer glauben, die Verantwortung für ihr Handeln anschließend bei der Wissenschaft abladen zu können, haben die Sprache der Wissenschaft nicht verstanden.

*

Ver-laut-barung: die deutsche Sprache kann so unfassbar nüchtern sein. Man sollte sie unter Naturschutz stellen.

*

Was immer sich über das Gemeinwohl aussagen lässt – mit Sicherheit besteht es nicht darin, Gesunde zu traktieren, um aus ihnen ein Plus an Krankheit zu schöpfen.

*

In diesem Lande fällt man das unabhängige Urteil an, als berge es eine Gefahr. Ein solches Land muss sich in großer Gefahr befinden. Der Bote wird geköpft. Unter Kopflosen fällt dergleichen nicht auf.

*

Eine Öffentlichkeit, die sich in falscher Unsicherheit wiegt, ist gefährlicher als eine, die sich in falscher Sicherheit wiegt. Für die Politik gilt das Umgekehrte.

*

Man braucht keine Gesetze zu ändern, um die bestehenden auszuhebeln. Dieser Satz ist so hilfreich wie der: Im Nachhinein lässt sich jede Praxis legalisieren.

*

Kann man Gesetze einschüchtern? Das müssen wohl Richter entscheiden.

*

Alles was fällt, schlägt irgendwann auf. Gilt auch für Entscheidungen. Der gemeinsame Grund der gesellschaftlichen Tatsachen ist das Pflaster.