Der Marsch in die Diktatur ist mit Hiobsbotschaften gepflastert.

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There’s no dictatorship like show dictatorship.

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Der Westen zerstört seine kostbarste Ressource: die Intelligenz.

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Man hat zu lange auf die Inzidenzen gestarrt; es wird Zeit, auf die Konten zu blicken.

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Der Unterschied zwischen Konten, die sich leeren und Konten, die sich füllen, ist, jedenfalls zu gewissen Zeiten, der Unterschied zwischen Recht und Macht.

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Ein Schiff, das untergeht, sinkt unter die Oberfläche. Ein Land, das untergeht, wird Oberfläche.

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Kulturelle Amnesie: das kostbarste Tarnmittel der Verrücktheit.

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Ochlokratie = Schlechtenherrschaft, nicht zu verwechseln mit schlechter Herrschaft oder Schlächterherrschaft. Überhaupt sollte man niemanden ohne Not verwechseln.

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Es gibt keine falschen Masken, es gibt nur falsche Fuffziger, die damit Geschäfte machen.

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Was sind das für Zeiten, in denen ein ›volles Haus‹ als Verbrechen gilt.

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Hilft das eine nichts, hilft das andere auch nichts. Nach diesem Grundsatz werden Länder zu Grunde regiert, die eben noch zu den führenden zählten. Auch gut: So zählen sie zu den angeführten.

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Wer Himmel und Hölle in Bewegung setzen will, der steckt fest im Schlamassel.

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Der veruntreute Himmel: Werfels Erfolgsbuch von 1939. Heute müsste es heißen: Der veruntreute Atem.

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Mund, Nase, Ohr und Auge: Glanzstücke der Evolution. Wer hier Suppression übt, geht auf den Menschen los.

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Man kann ein Gähnen nicht unterdrücken, wenn man feststellt, dass führende Politiker, die seit einem Jahr die schärfsten ›Maßnahmen‹ über die ihnen anvertraute Bevölkerung verhängen, es nicht für nötig befunden haben, sich selbst über die wissenschaftlichen Daten zur bekämpften Gefahr ins Bild zu setzen. Stattdessen ›vertrauen‹ sie, eine Herde Scheinblinder, ein paar handverlesenen ›Experten‹ und fertigen jeden vor der Haustür ab, der es anders weiß.

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Politiker haben kein Recht auf blindes Vertrauen. Warum? Weil es sich in der Politik automatisch ins ›Führerprinzip‹ verwandelt.

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›Querdenker‹: vom Erkennungszeichen zur Identitätszuweisung. Nichts verrät mehr über politische ›Identität‹ als ihre wohlfeile Verwandlung ins Bett des Prokrustes.

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Wer ›Identität‹ zuspricht, der sperrt auch ein.

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Die Spiele der Identität werden im Sandkasten gewonnen. Verloren gehen sie im wirklichen Leben.

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Ein Sprengsatz, der mit Sicherheit jede Gesellschaft zerstört, heißt Identität. Der Sprengsatz, der mit der Zeit jede Identität zerstört, heißt: Sicherheit um jeden Preis.

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Wäre ich mit mir identisch, ich wäre ein anderer. Genauer gesagt: Ich würde mich gar nicht kennen. Ehrlich gesagt: Ich wäre mir, wie jeder andere, fremd.

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Eine Lehre, die durch tägliche Widerlegung nur furchterregender wird, muss wohl eine Heilslehre sein.

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Ein Wissenschaftler, der es besser weiß oder wissen könnte, wenn er nur hinsähe, aber beharrlich schweigt, ist ein elender Konformist. Elender Konformismus, was ist das? Intelligenz, die sich schlau vorkommt.

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Man muss Bewegungen aushalten. Die einen auf diese, die anderen auf jene Weise. Das auseinanderzuhalten erfordert Urteilskraft.

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Keine falsche Bewegung! Das heißt doch wohl: Nur die falsche zählt.

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Eine Gesellschaft, deren Medien auf Linie gebracht sind, ist blind, sie ist taub, sobald die Justiz schielt, und sie ist geschmacklos, sobald die Politik die Kunst ersetzt. Bleibt der Geruch: Er macht sich durch Strenge bemerkbar. Vom Tastsinn schweigt man besser.

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Impfreinheit: die Gnade der zweiten Geburt. Wenn der Einzelne daran stirbt, bleibt der Selbstreinigungsprozess der Gesellschaft, der, wie man weiß, nie an ein Ende gelangt: Immunabwehr außer Rand und Band.

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Der neue Konformismus kommt auf leisen Sohlen, er fürchtet missverstanden zu werden. Und wirklich: rückblickend betrachtet, das heißt nach der Katastrophe, handelt es sich um ein einziges Missverständnis.

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Scheinaufgeklärte Gesellschaft I: Nebenwirkungen in Kauf nehmen, an den Langzeitfolgen krepieren.

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Scheinaufgeklärte Gesellschaft II: erst Neugier zeigen, dann sorgfältig verschwinden lassen.

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Vom totalen Staat existieren zwei Versionen. Die erste überantwortet seine Kernkompetenzen einer Partei, die zweite liefert sie an eine externe Behörde aus. Der totale Staat, heißt das, ist nicht der starke. Er ist der Büttel der Starken. Sein mangelnder Respekt vor der Privatsphäre der Bürger zeigt an, wie tief er in dieser Beziehung gesunken ist.

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Wer ganze Gesellschaften erniedrigt, um sie in die Hand zu bekommen, der findet sich rasch in einer Gesellschaft wieder, die damit gut zurechtkommt: Gesindel.

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Man kann das kulturelle Gedächtnis verschütten, aber nicht eine Intelligenz, die sich jeder Vergangenheit zu bemächtigen weiß.

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Auch das kulturelle Gedächtnis musste einmal erfunden werden: als Summe der gängigen Manipulationen der Vergangenheit. Diese erfundene Summe ist genau das, was sie zu sein verspricht: ein einziges Ärgernis.

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Das Abendland geht seit hundert Jahren unter. Das ist eine verdammt kurze Zeit im Vergleich zu seinem Aufstieg. Kein Wunder, dass die Rede hauptsächlich in Verdammungsurteilen herumgeistert.

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Aus lauter Kulturbewusstsein sich aufs Land zu begeben, um dort ›in Ruhe‹ den Untergang der Kultur abzuwarten, bedeutet nichts weiter als die Schlüsselübergabe ans Banausentum. Unruhe ist der Kern der Kultur.

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Europas Identität liegt in der Exzentrizität. Europa ist die Experimentierstube des Planeten. Wer ein Menschenbild braucht, sollte diesen Kontinent meiden.

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In Deutschland ist der Wunsch nach Normalität so stark, dass die Obrigkeit ihm nicht stattgeben kann. Etwas anderes wäre nicht vertretbar.

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Die Idee, Volkswirtschaften wie Rechner herunterzufahren und anschließend neu zu starten, kann nur von Leuten stammen, die ihren Computer erstens für vergesslich halten und zweitens für kreativ. Geplündert wird sie selbstredend von denen, die rechnen können.

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Die Idee der Bedürfnislosigkeit, von Ökonomen in die Welt trompetet, ist eine Schnapsidee. Warum nicht? Auch Alkoholismus steigert den Umsatz.

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Politik mit schlechtem Gewissen erkennt man daran, dass sie ihre Schlüsselbegriffe nicht mehr in die Sprache der Regierten übersetzt. In Luthers Diktion hieß das: dem Volk übers Maul fahren.

 

Notizen für den schweigenden Leser

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