Die Kanzlerin und ihr Viehdoktor, das Land sorgfältig parzelliert in Hasenställchen, wer’s nicht glaubt, bekommt eine Maulschelle und eine Umhängeschelle obendrauf. Auf den Straßen darf er sich damit nicht blicken lassen, jedenfalls nicht mit Absicht, denn Absicht ist, für Ställchenbewohner, ein Zug, der unmittelbare Ahndung nach sich zieht. Absichtslosigkeit ist erste Hasenpflicht. Die Hasen, eingewispert in ihren Ställchen, wissen noch nicht, ob sie für paarweise Kreuzungsversuche herhalten müssen oder für Genexperimente neuester Machart. »Ach«, seufzt da so manche Hasenseele, »fast alles im Leben beruht auf Unwissenheit.« Woran das liegt? Woran wird es schon liegen! Natura non facit saltum. Die Natur lässt nichts aus. Welche Natur? Egal, alles liegt an allem oder doch dicht nebenan. Zum Beispiel, dass in den Ställen zwar Futter ausliegt, aber keine Lektüre. Das regt keinen auf. Warum auch? Dabei wäre es, auf die Gesundung der Hasenherzen gerechnet, ein großer Schritt. Die Einführung von Lesehasen, lang geplant, immer wieder verschoben, stagniert. Die Ratgeber raten aufs Geratewohl, dabei wird keinem richtig wohl. Wozu denn Ratgeber? Kommt nichts heraus, braucht auch nicht nachgeschoben werden. Wichtig ist die Vermeidung von Ansteckung. Kein Preis ist dem Viehdoktor zu hoch, er treibt seine Anforderungen in schwindelerregende Höhen, keine Schwindelambulanz kommt ihm aus, schließlich heißt das Spiel Alles oder Nichts, ein uraltes Hasenspiel, bei dem alle Häschen, gleich, ob Kind oder Greis, zeigen dürfen, was in ihnen steckt.

Warum machen sie das? Sie machen es, um desto besser zu munden. Das Munden ist überhaupt ihr Lebenszweck, nicht etwa das Brüsten oder das Aftern, Funktionen, die höheren Intelligenzen vorbehalten sind und mehr Auslauf erfordern. Denn jene höheren Intelligenzen sind Springinsfelde, was sich von unseren Hasen beim besten Willen nicht behaupten lässt. Sie kommen ja schon zurecht, sofern sie nur mümmeln dürfen und ein Schälchen Wasser dabeisteht. Ein dankbares Volk. Dennoch schaffen gerade sie es immer wieder, sich anzustecken. Der Viehdoktor und seine Kanzlerin sind äußerst ungehalten darüber. Das geht nun schon seit Monaten so und ein Ende ist nirgends abzusehen, selbst überm Meer nicht. Zustände sind das! Wie soll das weitergehen? Nun, wie es immer weitergeht: weiter. Weiter hinein in die Ungehaltenheit über das volle Ausmaß der Hasen-Unvernunft, so dass man sich als Unbeteiligter fragt, ob vielleicht die Haltegurte gerissen sind, aber dieses Problem wird man später klären, später, wenn alles vorüber ist, wie es im Schlager heißt. Ist der letzte Halt passiert, verwandelt sich jede Fahrt in eine Höllentour. Das ist jetzt ohne Absicht gesagt, denn die Häschen in ihren Ställchen wissen gar nichts von einer Fahrt, sie wagen sich ja kaum die Näschen zu putzen, denn gleich heißt es wieder: Ansteckung! Und das Karussell dreht sich von neuem. Welches Karussell? Das im Kopf natürlich, Dummerchen. Alle Hasen tragen ein Karussell im Kopf, sie können es nach Belieben besteigen und wieder verlassen, nur anhalten können sie es nicht. Es dreht sich ihnen eben alles zum Besten, am besten um sich selbst.

 

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