Im Osten, weit im Osten endet der Yagir und es beginnt das Territorium des Feindes. Nicht des alltäglichen Feindes, des Feindes innerhalb der eigenen vier Wände, sondern des auswärtigen, gegen den, nach dem Leitsatz Hilf dir selbst, so hilft dir Gott!, nur Panzer, Drohnen und Raketen helfen, denn über die Kräfte der Zersetzung und Unterminierung, deren Wirken man jederzeit überall voraussetzen muss, möchte ich tunlichst kein Wort verlieren. Ich habe es schon an anderer Stelle ausgeführt, doch ich wiederhole mich gern und füge das eine oder andere Detail hinzu: Eigentlich kennt der Yagir keine Grenzen. Das gilt ost- wie westwärts. Und dennoch … existiert im soeben genannten Osten eine virtuelle Demarkationslinie, an der unser Biotop aus der Horizontalen seiner end- und trostlosen Ebenen sich unvermittelt in die Vertikale erhebt. Ich schreibe ›unvermittelt‹, weil es absolut zwecklos wäre, hier vermittelnd anzusetzen. Der Mittler wäre selbst auf der Stelle der Feind und damit indiskutabel. Zugegeben, immer wieder treten kleinere Mächte auf den Plan, sogenannte Mindermächte (›minor powers‹), bereit, sich tastend in diese heikle Zone hineinzuwagen. Sie entrichten dafür einen hohen Preis: von Stund an geächtet, erwartet sie ein bitteres Los – ein unverhoffter regime change oder ein Vorgang ähnlich mysteriöser Art, in dessen Verlauf sie mit einem Knall oder still und leise von der Bildfläche verschwinden. So etwas nennt der gemeine Yagier ganz normal und kein Yagirit und keine Yagirette, sofern sie ihre fünf Sinne beisammen haben, würde an der Rechtmäßigkeit solcher Rekombinationen zweifeln oder gar eine davon ›in Frage stellen‹ wollen, wie das zuständige Jargonwort lautet. Nicht dass der Feind auf so einfache Weise aus dem Bewusstsein des Volkes diffundierte –: das anzunehmen bedeutete eine unzulässige Simplifizierung und damit bloß einen weiteren Akt der Insubordination, gefährlicher als die erste und zweifellos ein ernsthaftes Vergehen zu nennen, ein Vergehen gegen das Gebot der Wachheit, das jeden Yagiriten von der Wiege bis zur Bahre begleitet. Von der Wiege bis zur Bahre: das klingt eigentümlich totalitär, um nicht zu sagen totemistisch. Nichtsdestoweniger handelt es sich um die Wahrheit, die schrecklich reine Wahrheit und nichts als die Wahrheit, die übrigens hüben wie drüben von niemandem bestritten wird. Bestritten wird, was mindestens ebenso deutlich und jedermann sichtbar auf der Hand liegt: der vertikale Yagir, der Teil, der das Land nach Osten hin abschließt, indem er es ins Unermessliche erweitert, hat Löcher. Will sagen, er verdeckt den Feind nicht ganz, sondern lässt ihn, fast wie ein Gazeschleier, durchschimmern, mit dem Ergebnis, dass der normale Yagirit sich eine sonderbare Mischung aus Eigenem und Fremdem zuführt, wann immer er den Blick gen Osten richtet. Er weiß Bescheid, ohne Bescheid zu wissen – auf diese Formel läuft hinaus, was doch munter auf zwei Beinen herumläuft und hustet und niest, sobald es sich einen Schnupfen eingefangen hat.