›M‹ wie ›Mörder‹ – seit Fritz Lang mit M das Parterre bannte, wissen Kinogänger Bescheid: ›M‹, das ist der Gezeichnete der Menge, von anonymer Hand mit dem fatalen Buchstaben auf dem Rücken markiert und damit für jedermann kenntlich. Er selbst weiß nichts davon, doch bekommt er die Auswirkungen zu spüren. Auf einer anderen Ebene der Betrachtung ist ›M‹ die Menge selbst, der Mensch der Menge, von unerbittlicher Beliebigkeit wie die Hand, die ihn zeichnet, wie die verfolgende Menge selbst. Den Faden weiterspinnend verfällt man auf Formeln wie ›M wie Macht‹, ›M wie Mutwille‹ – ja sicher, Mutwille ist immer dabei, er ›nimmt die Dinge in die Hand‹ wie jener die Kreide und niemand soll später sagen, er habe nicht gewusst, was er tat. Im Yagir ist ›M‹ eine und viele. Das erinnert entfernt an die blauen Steine in einer Erzählung von Jorge Luis Borges, deren Zahl wechselt, sooft der Erzähler sie auch aus der Tasche holt. Das ist kein Zug am Rande, den man vernachlässigen dürfte. Manche würden sagen: er ist die Quintessenz ihrer Existenz. Einmal den Faktor Macht hinzuaddiert, entsteht so etwas wie die Macht der Menge, die Macht der beliebigen Zahl, die Macht der gerade verfügbaren … ich zögere, das Wort ›Subjekte‹ hinzusetzen, es trägt einen pejorativen Beigeschmack, andererseits fällt gerade das Subjekthafte aus, mit dem sich unwiderruflich der Gedanke der Autonomie verbindet. Die Sprache kettet diese Pole des Menschseins aneinander, negativ/positiv, aber im Alltag überwiegt nun einmal das Negative. Nein, gefragt sind keine Subjekte, stattdessen Zwischenwesen, Personal zwischen den Polen, wie man es im Yagir überall findet. Und wenn ich überall schreibe, dann meine ich überall. Man kommt ›M‹ keinen Schritt näher, solange man nicht die beliebige Ballung auf dem Schirm hat, über die ihre Macht sich entfaltet. Beliebig, aber nicht zufällig – aus dem einfachen Grund, dass ›zufällig‹ hieße, sich festzulegen. Wer Fäden zieht, bloß um zu sehen, in welchen Figuren es zu zucken beginnt, und darauf seine Strategie aufzubauen, der folgt gewissen Regeln, die zu kennen er ablehnt, er folgt ihnen in einem Grade, der keinem seiner Beobachter jemals verständlich wird – ein großer Vorteil! –, und er beweist Stärke, taktische und überhaupt, indem er stets mehrere Fäden in Bewegung versetzt, die einen stärker, die anderen schwächer, so dass man sagen kann, er lebe und webe in ihnen allen, unbewusst, wie denn sonst.

 

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