Es wird Zeit, dass ich der Stimme am Ohr einen Namen verleihe. Ich kann dabei großzügig verfahren, denn es handelt sich um eine Stimme aus der wirklichen Welt, die leicht verwandelt aus dem Yagir zu mir herüberschallt. Ich kenne Justus seit vielen Jahren, unsere Freundschaft ist eine Konstante meiner reiferen Jahre. Daher war ich nicht wirklich erstaunt zu sehen, mit welcher Leichtigkeit er hinüberglitt … nicht ganz, ein Stück von ihm blieb der Wirklichkeit erhalten, was so nicht stehen bleiben darf, da Yagir und Wirklichkeit aktuell dabei sind, die Plätze zu tauschen. Während der Yagir mehr und mehr Wirklichkeit gewinnt, entwirklicht sich das sogenannte Wirkliche von Tag zu Tag mehr. Nicht bloß ich empfinde das so. Wenn ich mich richtig erinnere, war es Justus, der sich zuerst darauf aufmerksam machte. Er weiß zwar nichts vom Yagir – ein Zug, den er mit den meisten Yagiern teilt –, aber er verfügt über ein hochentwickeltes Sensorium für die Tatsache, dass seine Wirklichkeit mehr und mehr schwindet. So wie er die Schwelle zum Yagir bewacht, so hat er sich auf der zum hohen Alter niedergelegt, um nicht mehr zu weichen. Langsam verliert sein Verstand die schneidende Schärfe, die ihn einst auszeichnete, und die Grundlinien treten, gleich den Adern, in lieblicher Bläue hervor. Ich sage in lieblicher Bläue, weil er ein Hölderlin-Verehrer alter Schule ist, stets einen Vers wie Nur einen Sommer gebt, ihr Gewaltigen! auf den Lippen – mit dem leise gesprochenen Zusatz: und möge er niemals enden. Sein Leib- und Magenspruch allerdings ist der routiniert, mit einem kurzen Auflachen zitierte Patmos-Vers

Wo aber Gefahr ist, wächst
Das Rettende auch.

Er rezitiert ihn mit zittriger Stimme, komponiert aus Gottvertrauen und Zweifel, wobei der Zweifel sich mit der Zeit tiefer eingegraben hat, jedenfalls was den weltlichen Teil angeht. Das hat sicher Gründe, aber irreal ist es doch.

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