—Warum haben wir Polizisten, wenn doch kein Staat mehr da ist?
Da lacht der Don. Seine Hand nestelt an der weinroten Satteltasche, geferigt aus edlem Saffian, gleich holt er den Flachmann fürs Hochgebirge heraus und nimmt einen Schluck.
—Gute Frage. Da solltest du Argus fragen. Eigentlich redet er über nichts anderes. Er glaubt, wir leben in einer Bürgergesellschaft. In der Bürgergesellschaft passt jeder auf sich selber auf. Wenn das zu aufwendig wird, kauft er sich Schutz. Da sich auf die Dauer keiner den Schutz allein leisten kann (außer den Superreichen, von denen sieht er ab), kaufen sie ihn gemeinsam und fertig ist die Polizei. Das ist im Prinzip richtig bis auf die Frage, wer sie befehligt. Da muss Argus passen, denn er kennt nur Interessen. Und Interessen kaufen, aber befehlen nicht. Jedenfalls, wenn es nach seinem Weltbild geht. Außerdem sagt Argus, dass wir in keiner richtigen Bürgergesellschaft leben, weil die Superreichen den Staat gekauft haben und jetzt über seine Druckmittel verfügen. Also gibt es sie doch. Das ist verblüffend, weil er dir letztlich nicht erklären kann, wo sie bei all der Chancengleichheit herkommen. Er behauptet bloß, die Banken würden irgendwas falsch machen. Das ist natürlich schwach. Warum sollten die Banken etwas falsch machen, wenn sie doch niemand braucht? Warum verschwinden sie nicht einfach? In seinem Weltbild gibt es vieles, was es nicht geben sollte und was einfach nicht verschwinden will. Zu vieles nach meinem Geschmack. Wären wir alle Hanseln, dann hätten wir nicht die Probleme, die wir uns andauernd ausdenken. Argus ist definitiv kein Hansel, aber er denkt für sie und sie glauben ihm aufs Wort. Jetzt will er Parteiführer werden. Aber immer, wenn er zugreift, tauchen andere auf und weg ist der Posten. Nicht alle sind Hanseln, wie’s scheint. Die Cleveren behaupten einfach, er sei ein gefährlicher Sektenführer und nageln sein Bild an die Wand: »Wanted!« Zum Glück hat er einen wachen Verstand und kann sich das in sein Idiom übersetzen: »Wir wollen dich hier nicht haben.« Und schon hat er die Koffer gepackt und ist weg. So ist das mit ihm: Ist er da, ist er weg. Ist er weg, ist er da. Interviews führt er vom Wohnzimmer aus. Da sieht man auch gleich seinen Lebensstil. Für meinen Geschmack hat er keinen … ich meine Geschmack. – Warte, wo willst du hin? Ich komm ja schon.
Dumm ist er nicht, der Don. Eitel, das ist er. Und er braucht das Geld. Deshalb schreibt er anders, als er redet. Dabei redet er gern.