Die Mörder sind unter uns, vergangene und künftige, nur die gegenwärtigen verstreuen sich in der Zeit. Das gilt immer und überall, in Zeiten offener und versteckter Kriege bekommt es eine besondere Note. Im Yagir, soviel sollte inzwischen verstanden sein, herrscht Krieg. Aber er herrscht auf eine unterwürfige, um nicht zu sagen kriecherische Weise, in der es keine Tapferkeit zu bestaunen gibt, es sei denn an Fronten, die ihm nicht eigentlich zugerechnet werden können, da sie sich außerhalb der allgemeinen Wahrnehmung befinden und nur in propagandistischer Aufmachung ins allgemeine Bewusstsein dringen. Ob draußen, an der Front, noch gestaunt wird, entzieht sich meiner Kenntnis, ich vermute eher, das Staunen, das den Soldaten blieb, gilt der Indulgenz, mit der sie ihren Einsatzbefehlen und allgemein denen begegnen, die sie zwanghaft in ihrer Lage festhalten. Niemand, ich wiederhole mich: niemand ist da, der über sie staunt. Dabei müssten sie das Staunen der Welt sein. Sie selbst … nun, sie staunen vermutlich am meisten darüber, dass das tägliche Kampfgeschehen sie nicht auch längst verschlang. Zivilisten staunen darüber, dass Krieg sein kann, wo doch sie sind, und stürzen sich verbissen in ihre belanglosen Auseinandersetzungen, die sie lustvoll als Krieg deklarieren, wissend, dass im Untergrund sich ein anderer vorbereitet, der irgendwann mit der Zerstörungskraft eines Tornados über sie kommen wird. Einstweilen schickt er seine Boten voraus, Einzeltäter, wie das offizielle Leben sie nennt, Verrückte, wenn es nach denen geht, die unverrückt an ihren überholten Maßstäben kleben, während das zu Vermessende Tag für Tag ein Stück weiter in unvermessene Tiefen sackt. Ich gebe der Menschheit noch fünfzig Jahre, dann ist hier Schluss – ein bemerkenswerter Satz aus dem Mund eines zu seiner Zeit hochgeschätzten Blattmachers, an dem vor allem das ›hier‹ fasziniert, weil es suggeriert, es könne danach irgendwo anders weitergehen. Vielleicht meinte er, fünfzig Jahre Lektüre des von ihm in die Welt gesetzten Nachrichtenmagazins würden genügen, die Menschheit so zu zerrütten, dass nur der Untergang sie noch retten könne. Das ist jetzt fünfzig Jahre her und ich halte es nicht für ausgeschlossen, dass ich gerade dabei bin, mit dem Yagir einen Ort zu erschaffen, an dem sie noch eine Weile fortexistiert. Dann wäre der Yagir identisch mit jenem unerklärlichen ›Nicht-hier‹ und der Fünfzig-Jahre-Zyklus wäre gerade die Weise, ihn in der Zeit zu halten. Dem Propheten bietet er große Vorteile, vor allem in der zweiten Lebenshälfte, weil die Wahrscheinlichkeit sinkt, den Untergang selbst erleben zu müssen. Nur die Jungen versetzt er in Unruhe und das ist gut so, weil sie es, das ewige ›es‹, erst bringen müssen, bevor man sie zur Ruhe setzt.

 

DER YAGIR IST DAS SCHICKSAL

 

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