Das erratische Redebedürfnis des Alters holt sich seine Anlässe aus der Zeitung. Jedenfalls klebt Justus’ Rede an der jeweils neuesten Ausgabe des Organs, das ihn in seinem früheren Leben begleitete und zu dem er, seit das Kurzzeitgedächtnis schwächelt, reumütig wie ein Hund zurückgekehrt ist, dem Herrchen mit einer verlässlichen Morgenmahlzeit winkt, nachdem das Straßenleben sich als mühsam und nicht ungefährlich erwies. Dass sein Organ im Yagir die Seiten gewechselt hat und über fast alles herfällt, wofür es früher stand, begreift er wohl, aber nicht durchgehend, es wird ausgelöscht durch den vertrauten Anblick der Schriftzüge und Rubriken, auch wenn er kopfschüttelnd feststellen muss, dass der Umfang gegenüber den alten Zeiten doch sehr geschrumpft ist. Die alten Zeiten … bei dieser Phrase lächelt er wie ein hartgesottener Käfer-Fahrer, der sich bei jedem Start darüber wundert, dass das Motorengeräusch seines modischen Beetle von vorn kommt und überhaupt das vertraute Scheppern vermissen lässt, das ihn einst auf dem Weg zur Arbeit begleitete. So nährt die Morgenlektüre den zum Lebensbegleiter gewordenen Grimm, der sich im Lauf des Tages am Schreibtisch entlädt und gesprächsweise aufflammt. Da ich den Mechanismus kenne, unterhalte ich mich lieber mit ihm am Telefon, wohl wissend, dass sämtliche Geheimdienste des Yagir in Gestalt ihrer künstlichen Intelligenz an unserem Gespräch teilnehmen und es aufbewahren für alle Zeit, wie es einmal in einem Buchtitel hieß, der sich mit anderen Gräueln beschäftigte. Denn ehrlich gesagt, mich graust es ein wenig vor den Szenen, zu denen es leicht im Café kommen kann, wenn er im Polterrausch deutlicher wird, als es das empfindliche Gehör der jungen Menschen am Nachbartisch verträgt. Ach, es ist nicht das Gehör allein, das leidet, im Yagir ist jeder sein eigener Polizist und die nächste Meldestelle steckt unauffällig im gezückten Smartphone, so dass ein genussvoller Nachmittag bei einem Caffè Americano und einigen Gläsern Veltliner durchaus auf dem nächstliegenden Revier enden kann. Womit ich nicht sagen will, dass Justus mir gegenüber staatsgefährdende Reden führt – wie gesagt, der Staat bleibt die unauffindbare Größe in alledem –, sie sind nur, dem Veltliner sei Dank, auffällig durch ihre archaische Wortwahl, die gegen sämtliche Regeln der herrschenden Duckmäuserei verstößt. Im Grunde ist es schade, dass es so kommen musste, weil dies ganz offensichtlich Momente sind, in denen Lebens- und Selbstgenuss für den alten Herrn zusammenfallen. Aber ich muss auch an meine Position denken und peinliche Szenen in der Öffentlichkeit sind mir nun einmal verhasst.