Ich habe Don Albino längere Zeit nicht gesehen, jetzt steht er vor der Tür und begehrt Einlass. Im Yagir verläuft vieles anders als draußen: Einlass begehrt hier allenfalls die Polizei oder der ausgesperrte Ex. Mir persönlich ist es erst zweimal passiert, dass jemand Einlass begehrte. In beiden Fällen handelte es sich um verzweifelte Frauen: die eine hatte gerade ihren Sportwagen zu Schrott gefahren, die andere mit dem Familien-SUV in der Nachbarschaft einen Zaun umgebügelt. Der erste Fall läutete das Ende einer Ehe ein, der zweite das Ende einer Freundschaft. Nichts Schrecklicheres unter der Sonne als Ichsucht im Moment ihrer unbegrenzten Offenbarung! Don Albino hingegen, fröhlich lachend, die Backen glänzend vor Gesundheit, kein Hauch von Verzweiflung haftet an ihm, zu einer Spritztour will er mich abholen. Doch ich, sonnenscheu, komplimentiere ihn ins Innere meiner Wohnhöhle und bereite im Hintergrund mit fliegenden Händen die Teezeremonie vor, gerade so, wie er sie mehrfach in seinen Artikeln beschrieben hat. Er asiatisiert gern, als Stilfetischist, der er ist, lehnt er den Provinzialismus in all seinen Spielarten ab. Nur Landschaften, die er sich radelnd erschließt, müssen, sollen sie seiner Feder Bewunderung entlocken, unberührt sein wie die Venus. Was für die Landschaften gilt, gilt auch für die Menschen. Wobei er weniger Wert auf Unberührtheit als auf Urigkeit legt: Urigkeit und Herzensgüte, die Kennzeichen des naturbelassenen Homo sapiens, sie finden sich überall auf der Welt, warum dann nicht auch im Yagir? Für einen, der auf der Suche ist und die Speckseiten am Wegrand liegen lässt, nachdem er von ihnen gekostet hat – sorgsam, vorsichtig, damit die Mausefalle nicht zuschnappt –, sind sie Hindeutungen auf eine höhere Ordnung, und hinauf, weit hinauf treibt es ihn, allein schon, um die Lust des Pedaltreters am grenzenlosen Gefälle danach auskosten zu können. So geht Kultur, zumindest in den Augen des gebildeten Yagirianers. Dafür liest er gern anderer Leute Ergüsse und entrichtet brav seinen Obolus. Der Don ist dankbar, dass man ihm so sein Leben finanziert, ohne dass er genau wüsste warum, aber: Frage nicht, genieße! Das Teezeremoniell hingegen … seine volle Verachtung für den Yagir legt er hinein, reinste Hochkultur, wie ein Besuch in Bayreuth und Neuschwanstein zur gleichen Zeit. Ach die Gipfel! Sie säen nicht, sie ernten nicht, und es gibt sie doch.