Ob –und wie – diese Form der Gegenwart gelebt werden kann, entscheidet sich an der Vergangenheit. Für Einmaul, der ihn gut kennt, ist Justus, der Historiker, eine Figur aus einer untergegangenen Welt, Wiedergänger eines Jahrhunderts, in dem der Mensch sich noch geschichtlich verstand, als im Werden, am besten in seiner Gottwerdung begriffenes Wesen, das sich Rechenschaft von fünftausend Jahren Zivilisation geben konnte … eine lächerliche Spanne, verglichen mit den Zeiträumen, in denen sich Einmaul, der gefestigte Ideologe des Jetzt, bei seinen Auftritten vor der Kamera zu bewegen gewohnt ist. Seit der Mensch erstmals den Raum betrat, ist ihm die eigene, nach Generationen rechnende, von menschlichen Leidenschaften erfüllte Geschichte verblasst und eine neue Passion hat sich epidemisch über den Globus ergossen – die Leidenschaft für kosmische Abläufe, denen die Spezies Mensch als Wir gegenübertritt, für den Kosmos selbst in seiner unendlichen Endlichkeit, aber natürlich auch für das Schicksal des von Asteroiden, von Strahlungen aus dem All und schließlich selbst von der eigenen Sonne bedrohten Heimatplaneten. Im Yagir hat sich dieses Weltbild zu der Idee verfestigt, ein äußerst fragiles, durch jeden unbedachten Schritt der eigenen Spezies dem Untergang näher rückendes Raumschiff zu bewohnen – einer Wahnidee, wie nicht wenige gefestigte Wissenschaftlernaturen glauben, ohne sich ihr wirksam entziehen zu können, denn dieser quasi-psychotische Zustand – falls er denn so genannt werden darf –, er und kein anderer hält den Yagir über alle Parteigrenzen hinweg zusammen. Auch Justus ist ihr ergeben, wie er mir vor wenigen Wochen aus einem eher banalem Anlass heraus gestand.
—Was sind schon die viereinhalb Milliarden Jahre, die die Erde bereits existiert, verglichen mit dem mickrigen Rest, der uns bleibt? Ein Vogelschiss, obwohl ich mich mit diesem Wort einer gefährlichen Zone nähere, darf man das überhaupt noch in den Mund nehmen? Ich glaube nicht. Wenn wir den Globus verprasst haben, was bleibt uns dann?
Manchmal frage ich mich, aus welchem verborgenen Winkel dieser Welt er seinen Verstand bezogen haben mag.
—Wo brennt’s denn?
Es stellte sich heraus, dass er sein Email-Programm nicht starten konnte und auf meine Mithilfe setzte.