—Sehen Sie den Knick im M, gleich in der Mitte, er ist gar nicht zu übersehen. Dieser Knick spaltet das Land.
Pauvre Hakim, er thront, ganz mittelloser Poet, in der als Café firmierenden Pinte Zum grauen Star, schüttelt sein Glas, als wolle er ihm einen letzten Tropfen entlocken, deutet auf das leuchtende, um die Mittelachse rotierende, fontänenartig aufsteigende und zusammenfallende M auf dem Bildschirm hinter der Bedienung, die am Tresen ein kleines Mahl zusammenstellt und flüchtig herüberlugt, eigentlich redet er mit sich selbst und genießt den verstellten Blick seines Gegenübers, der ihn wieder und wieder streift … er ist sich ganz sicher, kein Wort geht verloren, der Aufnahmeapparat ist auf maximalen Empfang gestellt, er kann schon die nächste Anzeige riechen, das allein bereitet ihm ein hühnerdiebisches Vergnügen. Warum auch nicht? So eine fallengelassene Bemerkung kostet nichts. Jedenfalls nicht sofort. Sie gleicht einem Wetteinsatz oder dem Eröffnungszug einer Schachpartie: Massage für die geschundenen Nerven und Energieschub fürs Bewusstsein, notorisch zu sein, einschlägiger Kauz und Stänkerer mit einer Fama, breit wie die Auffahrt zu Peterchens Mond oder zu ›Ms‹ Sommerresidenz, deren Flügel sich ihm einmal in seiner Glanzzeit auftaten, er ganz devot, ganz aufstrebender Spaßmacher der Gesellschaft, Rührmittel für Damen über Vierzig und dergleichen mehr. Denn siehe, diese lasen mich einmal. Nichts davon ist geblieben. Empört würden sie auseinanderstieben, würde er sich ihnen heute auf der Straße zu erkennen geben. Dabei liegen nur wenige Jahre dazwischen. Drüben im Licht der allerbarmenden Sonne, auf dem Pflaster im Vorfeld des intellektuellen Vergnügens fixieren Polizisten, drei an der Zahl, den Träger einer gelben Signalweste, auf deren Rücken ein fettes ›M‹ prangt: junger Mann, übergewichtig, hat noch viel vor im Leben. Uniformträger vier setzt einem vergebens im Eingangsbereich des Theaters Schutz suchenden Herrn mit spärlichem Haarwuchs nach, hurtig, hurtig –: schon komisch, dieser Tornister mit dem aufgedruckten ›GG‹, eine Pro-vo-kauzion ohnegleichen, ein Corpus delicti der grassierenden Staatsangst, vor der unsere Demokratie nie und nimmer in die Knie gehen darf. Zwei Buchstaben genügen, aus einem Schoßhündchen der Zivilisation einen reißenden Wolf zu erschaffen. ›Reißender Wolf‹? Verbale Fehlgeburt. Gut, dass der Hüter der Unordnung unfähig ist Gedanken zu lesen, sonst käme er bereits angehechelt. Die Sprache der Poesie: zur Folterbank umfunktioniert, jede Metapher ein Delikt (oder zwei). Im Babylon brennen die Lichter.