Es gibt in der Kunst, jeder weiß es, die schlichte Eleganz der geprägten Form, genannt Sprache – Sprache der Natur, Sprache des Herzens, Sprache der Architektur, der Musik, der Mathematik und schließlich die Sprache selbst, das Wunderwerk der Verständigung, das niemals und immer versagt und bekanntlich nur im Plural existiert: in der Fülle seiner Gegebenheiten. Jeder kennt sie, jeder benützt sie, jeder befleißigt sich ihrer von früh bis spät – und dennoch fällt es unendlich schwer, sich ihrer im Alltag ohne Makel zu bedienen. Was leicht wiegt, verglichen mit den Schwierigkeiten, die sie dem bereitet, der sie aus ihrer dienenden Funktion erlösen möchte und auf Vollkommenheit sinnt. Das wiederum … – die Kette der Pein blitzt hier auf – führt dazu, dass Menschen, die sich zum Formen berufen fühlen, gleichgültig ob in Lehm, Stahl, Gerümpel oder Worten, sie als plump und unzureichend missverstehen und auf eine brutalere Art der Abhilfe sinnen, indem sie sie Torturen ohne Zahl unterziehen, angetrieben von dem irren Glauben, sie brächten durch ihr Hantieren eine Extra-Wahrheit zum Vorschein, eine, die vor ihnen nie in eines Menschen Sinn gekommen sei. Homomaris, der diesen Trug durchschaut hat und gegen ihn polemisiert, was das Zeug hält, ist ihm gleichzeitig völlig verfallen. Was immer schnörkellos seine Richtigkeit hätte, in seiner Darstellung erscheint es verschnörkelt und verdreht – torquiert, wie er es in Anfällen von Selbstverachtung nennt:

So ist es richtig

So und nicht anders.

Mehr der Widersprüche? Nun ja, man muss sich Homomaris in Gesellschaft von Freunden, Bewunderern, Förderern, Tagedieben, Nichtsnutzen und Schwadronierern vorstellen, die bei ihm ein- und ausgehen, ein Karussell ohne Ende, und zugleich als Einsamkeitssucher, als radikal Vereinsamten, als Wahrheitsfanatiker und Apologeten der Lüge, als Kindmenschen und versteinertes Monument seiner Sendung, als Ordnungsfanatiker und Durcheinanderwerfer, als Andachtsmenschen und Spötter, als Feind aller Hassbotschaften und Hasser – ja sicher, als Hasser, denn mit der Verachtung allein, da ist er ganz mit sich im Reinen, ist es nicht getan. Da letzteres ganz allein ihm die Aufnahme in den Yagir avant la lettre gesichert hat – und in gewisser Weise zum Mitkonstrukteur werden ließ –, sei ihm an dieser Stelle ein kleines Plus an Aufmerksamkeit gewidmet. Man redet gern von der Tiefe, ja Abgründigkeit des Hasses –dem möchte ich entgegenhalten, dass ich ihn für ein Oberflächenphänomen halte, gewissermaßen für die letzte Stufe der Entladung einer schwerer entzifferbaren Botschaft in den offenen sozialen Raum (weshalb die Politik ihn gierig aufgreift, um ihn ihren Zwecken zu unterwerfen). Diese Botschaft … – ich nenne sie Botschaft, aber die Benennung steht im Belieben jedes Einzelnen, der sich ihr nähert – ist der Groll. Es gibt meines Wissens keine Phänomenologie des Grolls. Die Psychologen halten ihn für ein Afterphänomen, das sich nebenher erledigen lässt. Aber diese Auffassung beruht auf Täuschung – nicht irgendeiner, sondern exakt derjenigen, die der Groll bei Außenstehenden hervorzurufen pflegt. Ein ungeübter Geist könnte sie auf seine Mehrdeutigkeit zurückführen – und ganz falsch läge er nicht –, aber damit ließe er sich doch den eigentlichen Brocken entgehen, die Nuss, die er dem Verstehen zu knacken gibt.

 

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