Sexuell induzierter Schwachsinn gehörte nicht zu Irmas Untugenden, als sie Homomaris an sich band, eher das Gegenteil, eine Hellsichtigkeit, die schon an Wahnsinn grenzte, wie er in der Folge nicht selten aus ihren Handlungen hervorzüngelte, ohne jemals klinisch untersucht zu werden, da Homomaris sie erfolgreich von allem abschirmte, was in dieser Hinsicht von Nutzen hätte sein können – nach seinem hin und wieder bekundeten Verständnis bewahrte er sie davor, in die Untiefen des psychiatrischen Verwahrbetriebs abzuwandern und damit zum Opfer jener gigantischen Wirklichkeitsverfälschung zu werden, die er in seiner Broschüre zu analysieren unternahm, der Verfälschung durch Wissenschaft, genauer: durch empirische Wissenschaft, die überall an die Stelle der muskulär erbeuteten Realitätserfahrung ihre im Laborgewonnenen Formeln und Statistiken setzt, um ihnen anschließend als Krone der Sinnestäuschung die absichtsvoll hergestellte Para-Realität der Fotografie und des Films überzustülpen. Wie man sieht, hätte Homomaris, zeitweise jedenfalls, einen tüchtigen Medienwissenschaftler abgegeben, würde er die Wissenschaft nicht gerade als seinen Feind betrachten, als Feind der Welt, die in seinem Inneren brodelt und ungeduldig darauf wartet, Tag für Tag ein wenig mehr enthüllt zu werden. Sein Yagir, um das komplizierte Verhältnis etwas verkürzt auszudrücken, ist diese durch Wissenschaft erzeugte (und an die Wände der Museen projizierte) Scheinwirklichkeit, genannt Aufklärung, in deren Fluidum die Menschen Arme und Beine regen, als bewegten sie sich im Paradies der Angekommenen, während sie in Wirklichkeit die Hölle der zu ewiger Knechtschaft Verdammten bewohnen, abgeschnitten von den Quellen des Lebens, wie sie die Kunst offenbart. Irmchen – um die private Wirklichkeit in die Theorie zurückzuschmuggeln –, ›Irmchen‹ ist die Abbreviatur des schöpferischen, wenngleich nicht unbedingt schöpferisch tätigen Menschen, seine Chiffre aus Fleisch und Blut, doppelt kostbar, weil ihre Existenz jahraus jahrein der psychiatrischen Bedrohung entrissen werden muss, die wie eine Wolke über dem gemeinsamen Haushalt liegt. Schwer zu sagen, auf welcher Seite der größere Wahn sich fände, wollte jemand das Verhältnis unvoreingenommen erkunden. Aber da läge bereits der Fehler: Was sich im Himmel der fixen Ideen verbunden hat, soll der irdische Mensch nicht trennen. Wobei zu fragen wäre, was sonst zu trennen sich lohnte.