Persönlich bin ich der Geist-Metapher nicht abgeneigt, sagt der Don, aber in diesem Fall… Und während er seinen Darjeeling schlürft, sich die Mundwinkel mit der Serviette abtupft und ein rundes Augenpaar auf mich richtet, als wollten sie sagen: Die Welt da draußen, wir könnten dir Dinge erzählen…, erzählt er die andere Seite der Geschichte, Irmas Geschichte, die Geschichte einer Frau, die, bereits Mutter zweier Kinder, sich mit einem aufstrebenden Künstler verbindet, willens, alles für seine Karriere aufzugeben, zu tun, was getan werden muss, bloß um irgendwann festzustellen, dass sein hochheiliges, auf Opfer gestelltes Künstlertum zu versiegen im Begriff ist, vielleicht bereits versiegte, weil seine Energie ungebremst in die Herstellung komfortabler Lebensverhältnisse für die Angetraute und ihre Kinder fließt, die, nun ja, durch das, was ihm an der Staffelei vorschwebt, nun einmal nicht zu erreichen ist, jedenfalls nicht über Nacht und überhaupt … so dass sie, mehr oder weniger über Nacht, umschwenkt und sich in die Schwarze Witwe der vera ars verwandelt, die rigoros über die Außenbeziehungen ihres Mannes wacht und mit Heftigkeit alles abtötet, was nach lebendigem Austausch, hilfreichem Kontakt oder Förderung der eigenen Sache aussehen könnte. Stell dir eine halbwegs attraktive Journalistin vor, die eines Tages… Nicht auszudenken ! Oder doch: leicht auszudenken! Äußerst leicht auszudenken! Rein soll die Kunst sein, und rein wird sie nun einmal nach vielfach bezeugtem Muster dadurch, dass jedes Element, das nach Verrat schmeckt, sorgsam aus dem Leben des Künstlers weggetupft oder, falls Not am Mann, mit eisernem Besen hinausgekehrt wird. Keine Karriere! Karriere ist Verrat. Die größten Künstler sind Renegaten, sie haben die Kunst verraten, sie ließen sich ein, sie wurden populär, ihm darf das nicht passieren.
—Aber das ist Wahnsinn.
—So sieht Homomaris das auch. Er hält seine Frau für wahnsinnig. Eigentlich ist er ein geselliger Mensch. Aber das Verteufelte daran ist: er muss ihr recht geben. So wie sie es sieht, sieht er es auch. Er ist ihr Gefangener seines Systems. Ihr Wahnsinn ist es, der sie ihm kostbar macht. Es darf nur keine Spur von ihm nach außen dringen. Deshalb diese panische Abneigung gegen die Psychiatrie. Bedroht sie sie, bedroht sie ihn auch.
—Ist sie nun –?
—Woher soll ich das wissen? Woher soll irgendjemand das wissen? Mag sein, mag nicht sein. Klar ist nur: sie ist konsequent bis zum Wahnsinn.
—Hass und Hetze?
—Versteh ich jetzt nicht. Wie meinst du das?