Ist er geimpft? Natürlich ist er geimpft, sogar dreifach, geimpft und gezeichnet, wobei in seinem Fall die Zeichnung der Impfung voranging, weit voraus, denn er ist ein Gezeichneter der ersten Stunde. Als die Menschen in den Yagir zu strömen begannen, da schlug er sich auf die Seite der Warner, die immer auftreten, wenn im Buch des Schicksals – das eigentlich eines der vielen Schicksale ist, kein Schicksal gleicht dem anderen, auch wenn es von außen so aussehen mag – eine Seite umgeschlagen wird, weniger aus Angst vor dem Unbekannten als aus intimer Kenntnis derer, die da strömten, denn er war Romancier von Haus aus, er kam vom Roman und kannte die Menschen. Nein, kein Misanthrop, kein Menschenhasser, kein xenophober Pfahlbürger, wie ihm von einigen Proto-Yagiriten unverzüglich entgegengeschleudert wurde. Er mochte die Menschen, die er in seinen Büchern so liebevoll abzeichnete. Aber zwischen den Buchdeckeln blieb ihre Zahl überschaubar. Auf der Straße hingegen… Es war die Zahl, die ihn schreckte, genauer gesagt – denn verlässliche Zahlen besaß noch keiner – die unbestimmte Menge, die unbewältigte Vielzahl der Charaktere, die in die Arena einliefen, irgendwie fühlte er sich von ihr bedroht. Wie sollte er sie jemals ›packen‹? Die erste, noch undifferenzierte Form der Bewältigung heißt: Solidarität. Hakim solidarisierte sich mit denen, die lauthals gegen die Eindringlinge protestierten: aus Sorge um ihr angestammtes Hab und Gut die einen, aus Angst um Leib und Leben die anderen. Schließlich war nicht zu übersehen, dass wilde Gesellen unter den Ankömmlingen mitliefen. Eine Gruppierung von Außenseitern erhob prinzipielle Bedenken, die sich um unser aller Zukunft rankten, und der eine oder andere Mitprotestierer nahm vorsichtig von ihnen Abstand. Hakim kam es so vor, als ob die seltsamen Miasmen des H.P. Lovecraft direkt aus den Gullys in die Gehirne stiegen und das Denken der Vielen vernebelten. Er fasste den Entschluss, die Rede seines Lebens zu halten – was sage ich, die Rede des Jahrhunderts, unter freiem Himmel, ein neuer Menenius, der in kräftigen Bildern und einprägsamen Parabeln zu den Bauern und Viehtreibern, den Handwerkern, den Kleingewerbetreibenden, den Bäckern, Metzgern und Zahnklempern spricht, um sie in ihrem Widerstand zu bestärken: eine geschliffene Rede, die in den unter all diesen Regencapes vermuteten einfachen Gemütern wie Donnerhall nachrollen sollte … nun ja, das war vielleicht eine etwas primitive Metapher, nicht ganz der Extraklasse entsprechend, die seinem sprachschöpferischen Genie vorschwebte. Nicht laut, sondern scharf wollte er werden, und Schärfe … ist eine Sache des Intellekts, des Unterscheidungsvermögens, der von falschen Rücksichten befreiten Sicht auf die sich abzeichnenden Weltverhältnisse – der Avantgarde. Das war’s. Einmal in seinem Leben (und damit für immer) wollte Hakim, der Unterhaltungsschriftsteller, Avantgarde sein. Die Rolle lag auf der Straße – einige Vorsichtige warnten bereits: in der Gosse – und er war zur Stelle, bereit, sie sich anzuziehen. Es mochte nicht die größte Rolle sein, die ein Publikumsliebling wie er sie sich vorstellen konnte, aber gerade das Unvorstellbare, die Formierung des Yagir, zog ihn unaufhaltsam mit sich fort.