Seit dem Wegfall der Askese spielt das innere Leben des Philosophen zwischen Bett und Schreibtisch. Es soll Menschen geben, die klar zwischen Bett- und Schreibtischgedanken unterscheiden. Einmaul … nein, Einmaul ist keiner von ihnen. In Einmauls Welt verschmelzen Bett und Schreibtisch zu einer Einheit aus Klängen und Farben, die perfekt wäre, drängte sich nicht das allmorgendliche Anlegen der Socken störend dazwischen. Sobald er sich niederlegt, beginnt das Fluten der Gesichter. Es begleitet ihn in den Schlaf und beginnt sein Treiben aufs Neue, sobald die Lebensgeister sich regen, bis der erste durchformulierte Satz des Tages danach verlangt, fixiert zu werden. Dieses Verlangen nach Fixation, aus einer ruhenden Gedankenwelt aufsteigend, die nach Entfaltung strebt, fasziniert ihn immer wieder, es degradiert ihn zum Männchen-machenden Pudel, horchend auf die Stimme seines Herrn, gleichzeitig nobilitiert es ihn vor sich selbst, wenngleich er dem Braten nicht jedes Mal traut. Auch Herrchens Stimme unterliegt gelegentlich Halluzinationseffekten, das Verlangen läuft leer, der Meisterschreiber fühlt sich verbraucht…

Worauf wartest du noch?

Dann, genau dann beginnt der Zyklus des Willens und der Groll übernimmt das Kommando, der gute alte Groll, der älteste Vertraute des schreibenden Menschen, den bloß die Feigheit in Schach hält. Schreiben, so fühlt es Einmaul, ist die Verwandlung von Feigheit in Mut den Mut, an eine imaginäre Grenze zu gehen und Beleidigungen herauszuschleudern, die sich niedergeschrieben ganz manierlich lesen, aufgegangen im Glanz der Formulierung, die den aufgewühlten Schmutz bei weitem überstrahlt. Erst dann ist sie gut. Im Schreiben, wo sonst, tut sich die Kluft des Daseins auf und schließt sich wieder, eine Muskelbewegung, die gewöhnlich unbemerkt bleibt, es sei denn, der Mensch erlebt einen jener erschütternden Momente, an die er lange zurückdenken muss, ehe auch diese Erinnerung verblasst. Es ist nicht alles Stoff und Furie des Alltags. Oft genug dient der Stoff nur der Bebilderung und der wahre Impuls verdankt sich dem Herzschlag des Denkens, das scheinbar schläft, in Wahrheit über alles fortläuft, eng verschwistert mit dem biologischen Menschen, aber eben verschwistert. Man soll die beiden nicht verwechseln. Doch da befindet er sich bereits auf schwankendem Boden morgens denkt er so, abends anders. In den Grenzen der Haut: Das klingt so entschieden wie das ἓν ϰαὶ πᾶν, die Alleinheits-Formel der Griechen, dummerweise führt es die ganze Angst und Unsicherheit des einsamen Menschen im Gepäck, dessen Denkform die Suche bleibt, wie dämlich er sich dabei auch anstellen mag. Medienfuzzi Einmaul hat beschlossen, die Akte Mensch zu schließen, das ist kein Witz.

 

Ende der Aufzeichnungen

 

 

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