@Garganelli: Kumpane

Wer Lasten gerecht verteilen will, den überrascht leicht, wie rasch der Mensch dem Menschen zur Last wird. ›Einer trage des anderen Last‹ – das sagt sich leicht, solange nicht geklärt ist, wer der eine und wer der andere ist. Wo der Mensch selbst zur Last wird, verschwindet die Last, die er trägt – die Nachfrage geht, wenn man das so ausdrücken darf, gegen Null. Das trifft Leute hart, die ›alles‹ aufgegeben haben, um ein neues Leben in einem fremden Land zu beginnen, aber man muss ehrlicherweise einräumen: es konfrontiert sie mit ihrer eigenen Denkweise. Eifrige Ökonomen werden stets Mittel und Wege finden, positive wie negative Folgen von Masseneinwanderung, vulgo Gewinn und Verlust, in wechselnden Gleichungen gegeneinander auszuspielen. Die Arbeitslosen und vom Abstieg Bedrohten sehen das naturgemäß anders.  Amateurhafte Schönlinge mögen darüber höhnen, vor allem aus der sicheren Distanz von einigen tausend Kilometern – das Job-Versprechen, reell oder nicht, bleibt immer das Wahlkampfversprechen schlechthin. Doch die schroffe Kehrtwendung gegen Einwanderer nimmt mehr ins Visier: die gefühlte, mit offiziell eher ungenutzt bleibendem Zahlenmaterial unterfütterte Unverträglichkeit von Kulturen. In einem multiethnischen und multireligiösen Land ist das Sprengstoff pur. Vertraut man dem Elitendiskurs, so wäre es nicht präsidiabel. Das Geheimnis dieser Kampagne liegt im Erfolg. Wenn das Land, in dem die Identitätssuche eingewanderter Ethnien zum Business gehört und an Universitäten gelehrt wird, plötzlich zu fremdeln beginnt, dann deutet sich darin – von ferne, aber mit einem Hauch von (Bürger-)Nähe – eine Kapitulation an, man mag im Übrigen von der Sache halten, was man will. Kapitulation bedeutet, neben allem Möglichen, die Anerkennung von Realitäten, die Ultra-Überzeugte am liebsten unter den Teppich kehren möchten, dorthin, wo auch das geübte Auge sich mit dem Erkennen schwer tut.

Was hier geschieht, ist die Kapitulation als Kampagne: das globale Publikum wartet gespannt auf den Ausgang, weniger um aufzuatmen, wenn die Prinzipien einmal mehr gesiegt haben werden, eher um festzustellen, wie weit die Erosion von Gesellschaft in dem Land, das auf ihren Grundsätzen und zu ihrem Schutz errichtet wurde, mittlerweile gediehen ist. »Yes we can« – die imperiale Formel des Noch-Amtsinhabers musste einmal zur Umkehrung herausfordern. Diesmal fordert der Unglaube den Glauben heraus – im Namen des Glaubens und des Imperiums, das sich erschüttert zeigt.

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Sie sind essenziell für den Betrieb der Seite (keine Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.