Das Bersten

Erzählung

Die versiegelte Welt Teil 4

Das Bersten ist die Bestandsaufnahme einer Beziehung im Augenblick ihres einsetzenden Zerfalls. Auch Tronka, den Bilderbuch-Philosophen, ereilt das Schicksal, als ›T‹ markiert durchs Leben zu gehen: der toxische Mann, eingesponnen in ein doppelseitiges Wahnsystem, aus dem es schier kein Entrinnen gibt, da nicht die Partnerschaft – die Partnerin, der Partner –, sondern der Partnerwechsel die Richtung vorgibt. Das, immerhin, begreift Tronka in der Krise. Im Dickicht der Gefühle findet sich manches, das zu begreifen sich lohnt. Tronka begreift, was ›Beziehung‹ heißt – das ist, für einen Denker, der in mehr als einer Beziehung ein erdabgewandtes Dasein führt, eine reife Leistung. Er begreift es ›unter Schmerzen‹, also auf die einzig angemessene Weise, als dieses Subjekt, also subjektiv, wie viele andere vor und nach ihm, aber eben auch im Medium des Denkens und hin und wieder sogar der Begriffe – gelernt ist gelernt.

Im Gefüge der Versiegelten Welt schließt das Geschehen an Tronkas gescheiterte Ehe mit Pida aus Kybrium an. Wie es so geht, spukt diese Ehe in der Nachfolge-Beziehung an allen Ecken und Enden. Ein Spuk? Keineswegs. Sie ist die Schablone, auf der das kunstvolle Gebäude der neuen Beziehung ruht, der eingebaute Mechanismus des Scheiterns mitsamt dem umfangreichen Katalog der Maßnahmen, es zu verhindern oder zumindest das Ende hinauszuziehen. Warum der zweite Versuch? Nun ja, in ihm erst zeigt sich der erste – zwar nicht ganz, aber im Glanz des Elends, das nicht mit ihm wegging. Daher bilden sie eine Einheit – unauflöslich,wie es der Mythos befahl. »Beziehung ist Lebenspartnerschaft, Lizenz zum Ausleben all dessen, was in einer Welt, in der Menschen einander verzeihen, ungelebt bleibt, weil jedes Verzeihen sonst sinnlos wäre. Beziehung und Ungelebtes schließen einander aus. ›Ich lebte alles‹ steht als Motto über den Viten der Beziehungsheroen und -heroinen und alles stürzt hinterdrein. Hat er alles gelebt? Falls er es wollte, so ist er daran gescheitert. Wollte er es? Ja sicher.«

Ulrich Schödlbauer: Das Bersten. Erzählung, Manutius Verlag Heidelberg (Edition Zeno) 2010, Paperback, 270 Seiten
ISBN: 978-3-944512-12-9
Verlagsinformation

 

Notizen für den schweigenden Leser

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