Aesthetica

1

Kein anderer, nein, wirklich,
kein anderer ist so geeignet, künftige
Unbill wegzustecken, wie N.

Wer bitte ist N?
Gute Frage, selten gestellt.
Niemand kennt N. Niemand
wünscht ihn zu kennen. Niemand
geht an die Spitze und brüstet sich
Niemand zu sein, es sei 
denn, er ist niemand und das
kommt in der Spitze nicht an.

N bleibt N.
Eins vorn, eins hinten ergibt:
ein N zuviel. Nicht nachgeben heißt:
Dreh dich nicht um! Wer sich umdreht, verliert,
hat schon verloren, dort
raucht das Verlorene.

2

Nichts negiert
sich so leicht wie die Null. Immer
läuft es aufs Gleiche hinaus: NN,
drunter geht’s nicht und drüber
kommt nichts. Kann noch kommen: so spricht
das Herz der Partei, das sich schlägt,
als schlüge es noch, doch es schlägt
nur auf.

NN regiert. Drunter
regt sich nichts. Drüber geht
nichts und im Innern
geht gar nichts. Nur lebhaft
geht es dort zu. Nicht die kleinste
Unbill zeigt sich bei Tag, nur im Schlaf
überkommt sie den Schnarcher.

3

Warum? Kommende
Unbill ist keine Unbill. Still ruht sie
im Bauch der Geschichte. Ob
sie jemals herauskommt, was geht’s
dich an? Zero. Du bist
heute beschäftigt und bald
ist ein anderer dran.

Fragen kostet nichts. Nicht fragen kostet
erst den Verstand, der Rest
folgt, wenn es passt. Nur wem es passt, das
wird selten erfragt, blind schlägt
ins Kontor, was sehenden Auges
der Besteller erwarb.

4

Kommende Unbill
wegzustecken, muss einer
erst sie beschwören, sonst

käme er nimmer an sie heran.

Muss er denn
an sie heran? Hier
wird nicht gefragt, so
die fatale, doch erst-
klassige Auskunft, die du
erhieltest, würde das Fragen erst
zur Manier und kein Kammerwächter geböte
ihm Halt. Im Sorgen-Kämmerchen herrscht
trübe Beleuchtung.

Die jetzt abtreten, sie hatten
das Übel hinter sich.
Die jetzt antreten, sie haben
die Übel vor sich.
Das wird
ein anderes Leben.

5

Süchtige nennen es Gleichheit –
umsonst. Keine Not
gleicht ihresgleichen. Nur die Ähnlichen sehen
einander ähnlich und wer
die Straße beherrscht, der beherrscht
nicht sehr viel.

6

An- und ab-
schwellend gleich
Bocksgesang, zu-
und abnehmend gleich
dem Friedhofsmond, mal
rascher, mal langsamer, mal
drängend, mal

zwiefach, als mische sich, wegflauend,
endlich ein Wimmern hinein, das schon
immer erklang, nur übertönt –

der Phantasie eine Gasse, auch wenn
sie kein Drängler betritt. Lähmung,
sonderbar, hat sie befallen. Zu viele Narren
bedienten sich ihrer. Zu groß die Hoffnung,
auf sie gesetzt, als genüge ein Bündel
eilig getroffener Maßnahmen,
und sie erfüllte die Norm.


EX ACTA