Der Aufstieg beginnt nach Mitternacht.

Hat man die Felsnase umrundet, die den Blicken die stumpfgrau gegen den Nachthimmel abgehobene Wand entzieht, so stößt man auf eine Halde aus losem Gestein, das unter den Füßen zu federn scheint.

Hinter ihr, zirka hundert Meter oberhalb des nun flach im Mondlicht glimmenden Hüttendachs, wird dann die Meyer-Höhle sichtbar, groß genug, eine Gruppe Männer für eine Nacht aufzunehmen. Jenseits der Höhle beginnt das Geröllfeld, durch das man sich in den kommenden Stunden Meter um Meter, Fuß um Fuß emporarbeitet.

Der strenge Nachtfrost hält das Geröll fest – ein Vorteil, den sich die schweigend steigenden Gruppen zunutze machen. Die dünne Luft läßt keine raschen Bewegungen zu; Lebhaftigkeit wird mit sofortigem Brechreiz bestraft.

Die meisten nehmen vorsorglich Kopfschmerztabletten ein, bevor sie sich auf den Weg machen. Man steigt fünf bis sechs Stunden in der Dunkelheit, angetrieben von der Hoffnung, den Ruhe- und Aussichtspunkt am Rande des Kraters – Gillman’s Point –, dessen schwarzer Kegel den gleißenden Sternenhimmel unterbricht, vor Sonnenaufgang zu erreichen. Die Besucher tragen wattierte Anoraks und Stirnlampen über ihren Skimützen; eine unregelmäßig blinkende Lichterkette windet sich im Zickzack den Hang hinauf.

Hat man den Kraterrand erreicht und der über den Felszacken des Mawenzi – des falschen Gipfels – auflodernden Sonne den Rücken zugewandt, so begibt man sich ein paar Meter in den Krater hinab. Die nächsten anderthalb Stunden geht es verhältnismäßig eben dahin.

Dieser Teil der Begehung kann als malerisch bezeichnet werden.

Bis zu sieben Metern hoch türmt sich der Gletscher neben dem vorwärts taumelnden oder, falls es sein Zustand zuläßt, gemächlich ausschreitenden Besucher, blaue Gewölbe und bizarre Zapfenformationen lenken seinen Blick ab, der im übrigen starr auf eine eher unscheinbare Erhebung gerichtet bleibt – Uhuru Peak, das Ziel der Vielen an diesem wie an jedem anderen Morgen, bevor die Regenzeit mit Orkanen und Schneegestöber auf dem Gipfel dem Treiben ein Ende setzt.

 

Notizen für den schweigenden Leser

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