Aesthetica

nach Jorge Luis Borges

Die Spieler, ernst in ihren Winkeln, lenken
die langsamen Figuren. Nächteweise
bannt sie das Brett in seine strengen Kreise,
auf dem zwei Farben sich mit Hass bedenken.

Magisch erleuchtet, dort im Innern kauern
die Formen: flinker Springer, homerischer
Turm, schräger Läufer und König (letzter),
wehrhafte Königin und Angriffsbauern.

Wenn dann die Spieler fort sind, wenn die Zeit
sie aufgezehrt hat, wird mit Sicherheit
das Spiel nicht aus sein, enden nicht der Brauch.

Der Orient hat diesen Krieg entfacht,
der sich die Erde zur Arena macht.
Das Spiel ist endlos wie das andere auch.

Das Spiel, das nie endet, weil es dauernd neu beginnt, ein Spiel der stehenden Formen in wechselnden Kombinationen, erdumspannend und zyklisch wie das andere auch, das andere (gleichsam die Kehrseite des Gedichts), das sich begibt, als stände es hier, wo eins das andere meint. Das andere ist das Bekannte. Der Spieler sieht auf den Zug, der Vers benennt die Figur. Das Spiel ist nicht allein endlos, es ist imaginär. Es spielt in der Imagination dessen, der die Bedeutung der Figuren realisiert, ohne sie zu kennen. Magisch illuminiert, rücken sie wie von selbst. Magie wirkt (wir wissen es aus den vorhergehenden Versen) durch Geburt, das Spiel spielen heißt – geboren zu sein.

Notizen für den schweigenden Leser

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