Opa, was ist eine Farce, fragt die Kleine, ahnend, woher auch immer, dass dem Alter vieles als Farce erscheint, was jüngeren Zeitgenossen als Normalität durchgeht. Was sie nicht weiß (oder wissen will), ist der Umstand, dass Opa selbst als ›alter weißer Mann‹, wenngleich unbeabsichtigt, im Mittelpunkt einer Farce steht, auf die Bühne gezerrt von Kräften, die… Aber darin besteht ja die Farce, gerade darin, dass sich zum Hanswurst macht, wer diese Kräfte zu beschreiben unternimmt. Neben der Fernstenliebe gehört, wie bekannt, der Fernstenhass zu den kräftigsten Akteuren auf der Bühne menschlicher Eitelkeiten – der öffentlich vorgetragene Vergeltungs­wunsch für Ereignisse, die entweder generationentief in der Vergangenheit ruhen oder auf anderen Kontinenten stattfinden. Zugegeben, das Wort ›vorgetragen‹ klingt etwas antiquiert angesichts größerer Menschentrauben, vor allem, wenn sie sich mit behördlicher Zustimmung auf Plätzen drängen, auf denen gerade noch verordnete pandemische Leere gähnte. Aber am Ende bleibt alle Kommunikation, der nur das Staunen der Passanten antwortet: Vortrag.

Nirgendwo ist die Polizei verständnisvoller zur Stelle als dort, wo es gegen die Polizei geht. Das mag einem tief verwurzelten Schuldgefühl entspringen oder der strikten Order, keine Miene zu verziehen, sich stattdessen, wenigstens aus gegebenem Anlass, von der einfühlsamen Seite zu zeigen. Auch im Rechtsstaat gilt, dass die Erzählung (die ›Narration‹, wie sie sinnig genannt wird) dem Gesetz mühelos den Rang abläuft, jedenfalls in Bereichen, in denen das Laufpublikum dominiert – der einfachen Verordnung ohnehin. Angesichts einer in Erregung geratenen Öffentlichkeit ist Behörden-Flexibilität ein wichtiges Gut. Das weiß jede Amtsleitung und stellt sich beizeiten tot. Solange nur Blech geköpft wird, sind Köpfe wenig gefragt.

Was den Hütern der öffentlichen Ordnung recht ist, das ist der medizinischen Forschung billig. Einmal ins Zentrum der politischen Aufmerksamkeit geschubst, entdeckt sie spontan, welche Auskünfte je nach Zeit und Umständen erwünscht sind und welche man besser rechtzeitig wegsteckt: Alles nicht so schlimm. Andere Disziplinen haben es den Pandemikern vorgemacht: Wo vor hundert Jahren, scheinbar unüberbrückbar, der Hiatus zwischen nomothetischen und ideographischen Disziplinen, also zwischen Gesetzes- und Ereigniswissenschaften klaffte, da wieselt das prognosenfreudige Gesetzeswissen seither den Ereignissen hinterher, darum bettelnd, auch einmal vorauslaufen zu dürfen, und sei es bloß, um Maßnahmen anzumahnen, an denen man später, angesichts absehbarer Folgen, nicht schuld gewesen sein will.

Gestattet, murmelt die Politik und macht sich daran, einen Rat für Generationengerechtigkeit einzurichten. Es ist nicht gut, dass alte Männer die Politik dominieren. Besser, man lässt die Ungeborenen an die Schalthebel, damit kennen alte Männer sich aus und alte Frauen finden sich mühelos darin wieder. Dissens ›macht‹ da wenig Sinn. Besser, er macht sich davon.

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