Ein paar Tische weiter sitzt Justus. Er hat die Arme aufgestützt und die Finger über den Brauen zusammengesteckt. Ein lausiges Bündel über die Schulter geworfen, wandert er über staubige Landstraßen auf der Suche nach einem Kontakt. Vis-à-vis sucht ein Mittelalterlicher die Ferne, vielleicht auch nur die Bedienung. Hoffnung malt sich auf breiten Zügen, diesseits, jenseits, wo steckt der Unterschied? Hoffmann mein Name, so hat er sich vorgestellt, ich kenne Sie, Sie sind Justus … der Gerechte, zwinkernd hinzugefügt, Gerechtigkeit ist mein Anliegen, ihres doch auch, nehme ich einmal an. Obwohl ich aus Ihren Artikeln nicht schlau werde. Sie sind doch schlau, oder? Ich halte Sie für schlau. Sagen Sie, was halten Sie von Rawls’ Theorie der Gerechtigkeit? Ich persönlich finde: Afrika den Afrikanern. Wir sollten uns da nicht einmischen. Andererseits ist nicht alles Ausbeutung, was dem Ego hilft. Hilf dir selbst, dann hilft dir Gott. Ist das Ausbeutung? Ich bin Protestant, müssen Sie wissen, vielleicht auch bloß Sozialdemokrat, Sozialprotestant, jedenfalls bestand darin lange mein Job, Schwamm drüber. Im Grunde bin ich ein unpolitischer Mensch. Kennen Sie mein letztes Buch? Nein? Ich könnte es Ihnen signieren, ich habe noch ein Exemplar dabei, ein bisschen abgestoßen, ich überlasse es Ihnen. Der Verlag wünscht sich Rezensionen, er wird langsam ungeduldig. Eine ist in der Neuen Basler erschienen, aber die liest ja keiner, jedenfalls nicht in meiner Umgebung. Es kommt immer auf die Umgebung an. Ich könnte was zu essen brauchen, haben Sie schon bestellt? Kommen Sie, ich lade Sie ein. Sie sind mein Gast. So ein historisches Zusammentreffen muss gefeiert werden. Sehen Sie manchmal ›M‹? Ich meine nicht diese, es laufen ja genug andere herum, ich meine jetzt nicht auf den Straßen. Obwohl auch da… Sagen Sie, sprechen Sie nicht? Sie haben so ein sprechendes Gesicht, das glaub’ ich jetzt nicht. Ich bin ja auch konservativ, progressiv-konservativ, wenn man sieht, wie alles den Bach runtergeht, möchte man heulen. Ich bin nah am Wasser gebaut, ich glaube, man sieht’s mir an. Vielleicht auch nicht. Jedenfalls möchte ich, dass Sie mit mir feiern. Ich freu mich riesig. Habe ich Ihnen schon gesagt warum? Heute ist mein Geburtstag. Wenn ich so zurückblicke… Mit den Frauen lief’s nicht so gut, aber ich kann nicht klagen. Man denkt immer, es müsste mehr drinstecken. Doch das Wichtige ist, dass man sich rechtzeitig rauszieht. Haben Sie Kinder? Kann ich mir bei Ihnen nicht vorstellen. Aber: Suum cuique. Ist ja ne heikle Maxime. Kann leicht fehlgedeutet werden. Was kann nicht fehlgedeutet werden? Sagen Sie mir: Was kann nicht fehlgedeutet werden? Und wer garantiert mir, dass nicht die Fehldeutung am Ende doch die richtige ist? Sie vielleicht? Ihnen traute ich’s zu. Aber ich will Ihnen damit nicht zu nahe treten.