Unter den Zettelchen, die Homomaris’ Schreibtisch bevölkern, ist eines ihm besonders ans Herz gewachsen. »Flieh, Künstler, flieh!« steht da, in merkwürdig eckiger, leicht verschrobener Handschrift, die er hin und wieder einsetzt, wenn ihm etwas Bedeutsames unterkommt und notiert werden möchte. Homomaris schreibt nur auf Zuruf. Er wüsste, wollte man ihn fragen, gar nicht, was ›formulieren‹ anders heißen könnte als ein Formular anlegen, mit Marginalien, Stempel und, wo immer auf dem Blatt eine ihn passend dünkende Stelle sich findet, einem Paar lüsterner Fauns-Augen oder der Fratze eines Hausdämons. Im vorliegenden Fall, dem Fall des wiederholten ›Flieh!‹, verziert den Appell ein fliegender Robert mit wehend entflammtem Haar. Egal, aus welcher Perspektive der Betrachter das Blatt in Augenschein nimmt, das ernste Augenpaar, durch das Doppelrund der Brille aus dem Gesicht herausgeschnitten, geht ihm nach. So ist das. Ein ins untere rechte Eck gestempelter Skarabäus rundet die Botschaft ab. Iiiiiiih! Der im zwiefachen ›Flieh!‹ konzentrierte Hauch des Lebens, findet Homomaris, hat etwas Vielversprechendes.
—Den Satz hat dir der Teufel eingegeben.
—Welchen, den ersten oder den zweiten?
—Das bleibt die Frage.
Homomaris redet gern mit sich selbst. Beim Licht der Leselampe besehen, redet er ziemlich viel mit sich selbst, vor allem dann, wenn erst das Tageslicht zur Gänze erlosch und die Wände sich mit Dämonen bedecken. Das Dialogisieren schärft, findet er, die Gedanken. Und überhaupt… Wie überhaupt? Was überhaupt? Warum überhaupt?
—Überhaupte dich nicht.
—Haha.
Er braucht das Gespräch, er braucht es doppelt, wann immer er zum Zeichenstift greift. Im früheren Leben, als er mit seinen Chiffren noch ganze Wände bedeckte, hatte er stets Gesellschaft. Im Gehäus, aufs handliche Blattformat eingeschränkt, muss er sich anders behelfen. Es ist langweilig, auf Gesprächspartner zu warten, und wenn dann einer eintrifft, ist es der falsche. Den Satz sollte er festhalten. Ja sicher, käme der Don vorbei, er würde ihm einen Kaffee brauen und dann … dann könnten sie loslegen. Kommt der Don, kommt Freude auf. Es ist nicht die Abwechslung, Abwechslung hat er an den durchs Haus stromernden Katzen genug. Katzenfreund Don besitzt ein ungemeines Talent, ihm die Zunge zu lösen. Insgeheim bewundert er es, wohl wissend, dass der Bursche, eitel, wie er ist, nichts davon erfahren darf. Als simpler Hexenmeister gebietet er bloß über die unteren Chargen. Weiß der Teufel, wo er sich an solchen Tagen herumtreibt. Was hat einer im Kopf, dem das Radfahren im Blut liegt? Eine dubiose Tätigkeit, wir lehnen das ab. Fahrräder zeichnen sich übrigens schlecht, zu mager das Gezücht, sollen andere sich damit herumplacken.