Warum trifft man so oft auf diesen stillen, freudlosen Frauentyp, wenn man im Privatleben geistig arbeitender, dem öffentlichen Leben zugewandter Männer stöbert? Es muss mit den Geheimnissen der biologischen Wahl zusammenhängen, auch wenn der Augenschein dem widerspricht, ja geradezu das Gegenteil fordert. Ginge es nach ihm, so sähe man das in die Jahre gekommene Zweckbündnis zweier rational denkender Partner vor sich. Und wirklich, der Anschein trügt nicht: Was der Hausfreund vor sich hat (und mit der Zeit immer besser zu verstehen lernt), ist der zementierte Ist-Zustand einer langen, vermutlich lebenslänglichen Partnerschaft, die heftige Krisen überdauert hat. Keine dieser Krisen ist spurlos vorübergezogen. Jede wurde ins Klassenbuch der Beziehung eingetragen und vermehrt den geheimen Übertrag. Du musst nur aufs traute Zwiegespräch der beiden lauschen, auf Zwischentöne und Abbrüche, schon weißt du Bescheid. Vom Grunde allerdings, von dort, wo alle Rationalität schweigt, melden sich andere Stimmen, feine, zirpende, sie künden von ziselierten Abhängigkeiten und, wie banal, von Ängsten, ganz recht, von zwanghaft ausbalancierter Lebensangst, von einer Geschichte, die, aus unterschiedlicher Persoektive erzählt, einen jeweils anders gearteten Sinn ergäbe und deshalb selten oder nie auf den Tisch kommt. Verstand sucht Verstand, er will aber auch, sagen wir, überwältigt werden von der Präsenz des anderen, er will teilhaben an den Triumphen des anderen, und wenn sie ausbleiben oder wenn sie in Bereichen stattfinden, zu denen man keinen passablen Zugang findet, die vielleicht auch nur, jedenfalls auf Dauer, reizlos erscheinen, weil sich herausstellt, dass die Gesellschaft, in der die Preise kassiert werden, aus Langweilern besteht, dann, ja dann… Was passiert dann? Dann verblüht die Rose, es fallen die Blätter, sie wehen, eins nach dem andern, davon. Aber ehe es so weit kommt, geschieht etwas anderes. Es entbrennt der verschwiegene, mit aller aufbietbaren Ausdauer geführte Kampf um die Kinderseelen. Und wenn es sich dabei, wie im Falle Herma, um einen Sohn, vielleicht um zwei Söhne handelt (denn mehr als zwei Kinder wirft diese Art der Ehe nicht ab), und wenn, was nicht so schwer ist, die Dame des Hauses den Kampf gewinnt … nicht so schwer … wenn sie sich den ergebenen Sohn gezogen hat, das Lamm, das sie niemals wollte und an dessen Vollendung zu arbeiten sie niemals aufhören kann, dann vertrocknet die Seele, wie es zu poetischeren Zeiten hieß, und wird kompetent.

 

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