Auf die Aufforderung: Geh in dich! antwortet die Frage: Was soll ich da? Der Gedanke, man könne sich besuchen, indem man in sich geht, entspricht dem einer Tür, die in ihr eigenes Inneres aufgeht. Damit ist – mutmaßlich – nicht die Füllung gemeint, sondern das Türhafte, das der Tür eignet, speziell dieser Tür, sagen wir T-0, denn Ordnung muss sein, so dass man korrekt sagen könnte, T öffne sich auf T-0. Angenommen, ich beschließe, Ich-0 aufzusuchen, das Ichhafte, das mich von allen Ichs zuverlässig unterscheidet, dann kostet mich das schon, sagen wir, ein Stück Überwindung, schließlich wüsste ich gern vorher, was ich an mir habe und womit ich rechnen kann, aber gerade das bleibt verschlossen, bis … bis die Tür aufgeht. Des eigenen Ichs ansichtig werden, das ist, als fielen alle Jahreszeiten auf einen Dienstag, einen einzigen, und das ist – nahezu – ausgeschlossen. Geht die Tür auf, fällt das Weltbild in Scherben, das ist ganz natürlich und lässt sich praktisch nicht umgehen. Und tatsächlich existiert ein Mechanismus, der das alles leistet, ohne dass unter Menschen groß darüber geredet würde: Das ist die Feigheit. Nein, Feigheit ist keine Eigenschaft, sie ist der gewöhnlich gut verborgene Mechanismus, der, aus welchem Anlass auch immer, die innere Tür aufspringen lässt und blitzhaft Ich und Ich-0 einander gegenüberstellt. Ist der Anlass gering, geht man wortlos auseinander, wiegt er schwer, brennt Ich-0 sich als Angstbild ein und das Leben mutiert zur Flucht. Bleibt er undefinierbar, spricht einer gern von metaphysischem Schauer. Gleich daneben gibt es die Feigheit als kollektive Neurose, die auf die kleinste Veränderung an der Oberfläche des sozialen Ozeans reagiert. Wenn die Brandung zunimmt, verlaufen sich die Gespräche. Lange streunen sie umher, um den Punkt zu finden, den Punkt der abhanden gekommenen Ruhe, aber sie finden ihn nicht. Rüstige Kletterer treten unter ihnen hervor, die über Stock und Stein einherschreiten, als ginge es immer bergauf. Feigheit gebiert intellektuelle Diskurse, die sich über jeden gegebenen Anlass hinaufschrauben, sie erzeugen ihre ganz eigene Art der Allgemeinheit.

Ratschlag für Köpfe, die sich interessant machen wollen: sich dicht an einen Tyrannen halten, sei es in Politik, Wirtschaft oder Wissenschaft, und über anderes reden, immer über anderes, aber so, als ginge es ums Ganze, was ja auch, cum grano salis, stimmt. Außenstehende sagen gern, so jemand werde seiner Verantwortung vor den Menschen nicht gerecht, dabei ist es gerade das Überborden der gefühlten Verantwortung, das ihm die Fassung raubt und sein Inneres in einen Schrei nach Gerechtigkeit verwandelt.

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