Wenn der Duden das generische Maskulinum streicht, ist das seine Angelegenheit. Er ist schließlich ein Privatangebot wie der Spiegel oder ntv oder Twitter oder YouTube oder die Brötchen des Bäckers gleich um die Ecke. Wenn der Bäcker nicht weiß, wie man Brötchen backt, suche ich mir einen anderen. Wenn der Duden nicht weiß, was ein Bäcker ist und mir dummes Zeug erzählt, suche ich mir ein anderes Wörterbuch, es sei denn, ich halte den Duden für wichtiger als die Sache und orientiere mich künftig nicht mehr an der Sprache, sondern am Duden. Wir wissen doch alle: Nichts ist berauschender als ein gemeinschaftlich begangener Fehler. Ob nun der Fehler darin liegt, dem Duden nicht zu folgen oder eben doch, darüber zu richten ist kein Gericht gesetzt, es entscheidet sich nur entlang der Frage, ob man sich der Sprache, die man spricht, oder der Gemeinschaft, die sie verhunzt, mehr verpflichtet weiß oder fühlt, denn von Wissen kann in solchen Fällen selten die Rede sein. Nun hat, wie jeder weiß, die Sprache selbst gemeinschaftsstiftenden Charakter. Immerhin spricht die Wissenschaft gern von Sprachgemeinschaften. Ob sich die Leute verstehen oder nicht, hängt von vielerlei ab, aber vorrangig doch davon, ob man die gleiche Sprache spricht oder zumindest die des anderen versteht. Wenn also jemand, wie zum Beispiel der Duden, sich einen Teil der Sprache herausschneidet, weil es der Community, der er sich andient, so gefällt oder in den Kram passt, dann schneidet er damit einen Teil aus der Sprachgemeinschaft heraus und bringt ihn gegen den anderen, der draußen bleibt, in Stellung. Er spaltet also die Sprachgemeinschaft – ähnlich dem Bäcker, der seine missratenen Brötchen als unser aller Brötchen unters Volk bringen will und sich berechtigt wähnt, auf jeden einzudreschen, dem’s nicht schmeckt, im Irrglauben, dies seiner neuen, geschmacksberaubten Kundschaft schuldig zu sein.
Hat ein Wörterbuch für alle, privat oder nicht, die Aufgabe, die Sprachgemeinschaft zu spalten, um gewissen Herrschaften gefällig zu sein? Was soll’s, wird sich mancher sagen, Normen werden mit Gewalt durchgesetzt, warum nicht auch Sprachnormen? Da liegt schon der Fehler. Was immer mit Gewalt erzwungen wird: zur Norm wird es erst durch Einsicht, manche sprechen hier von Verinnerlichung, noch kühnere von Identifikation. Da sieht man dann, dass die ersten Gewaltopfer die Proselyten sind, die sich noch tüchtig anstrengen dürfen, damit sie nicht gleich nach der Gendertaufe den ersten Fehler machen und exkommuniziert werden müssen, während die der Zähmung harrenden Widerspenstigen ohne weitere Mühe den doppelten Fehler sehen – erstens den Fehler, das Falsche anzunehmen und zweitens den Fehler, es zu verfehlen. Das Falsche, das ist, wie in anderen Fällen auch, die Gewalt, die der Sprache angetan wird und damit allen, die in ihr aufgewachsen und jetzt so mit ihr verwachsen sind, dass ihnen die als falsch empfundene wie ein Nessusgewand aufliegt. Es brennt, um es geradeheraus zu sagen, es brennt gewaltig, es riecht nach Menschenfleisch, es stinkt nach Willkür und Zerstörungslust und nach peinlicher Unterwerfung.