Das Possierliche an den abgesprungenen Linken, die sich konservativ gerieren, ist der unaufhörlich nagende Verdacht, aus den anderen, die den gleichen Weg einschlugen, seien mittlerweile echte Rechte geworden. That’s horrible.
Sie sind geblieben, was sie waren: Sektierer.

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Auf- und Abreger, einträchtig im Netz nebeneinander: cognitive warfare und meditative vibes. Wer da nicht ins Grübeln kommt, an den kommt nichts mehr heran (oder alles geht durch ihn hindurch).

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Enter the brains: Selten in der Geschichte sollte ein Kollektivrausch soviel abwerfen. Noch seltener beschränkte er sich so strikt auf die ›Elite‹ der Modellierer, während die Menge in ängstlicher Erwartung des Kommenden verharrt. So stutzt das Landvolk, wenn Serenissimus dem Land eine neue Religion verordnet.

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Alle Wissenschaft ist eine Funktion der Intelligenz ihrer Betreiber. Die jüngste Vergangenheit hat da große Veränderungen gezeitigt.

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Niemand sollte die Intelligenz seiner Gegner unterschätzen. Das wird allgemein so gesehen. Weniger geläufig scheint die Frage zu sein, was geschieht, wenn jemand zu schlicht gestrickt ist, um sie überhaupt in den Blick zu nehmen. Man sollte sie aufwerfen, wenn eine ganze Gesellschaft in diese Falle läuft.

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Öffentlichkeit beruht auf Selektion. Das Wort besitzt einen fatalen Beiklang, aber ›Auswahl‹ weist in die falsche Richtung: zu positiv für das Gemeinte. ›Auslese‹ – wie absurd klingt das denn?

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Die Intellektuellen sind so gründlich von der Bühne verschwunden, dass selbst das Wissen, wer sie waren, allmählich verdämmert. Nun gut: ein Intellektueller ist eine öffentliche Person. Es genügt nicht, Teil der Intelligenzija zu sein. Intellektueller ist man nicht kraft Zugehörigkeit, man wird es dadurch, dass man hervortritt. Ob Wissenschaftler, Gelehrter, Philosoph, Schriftsteller oder Journalist, den es in seiner Branche nicht hielt – sie sind (oder waren) die Leuchttürme eines Journalismus, der wusste, dass er in der Hierarchie der Denkberufe der Mittler ist und sonst gar nichts.

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Journalismus ist, wie der Lehrerberuf, autoreferenziell geworden. Was das bedeutet, erfahren die Leser täglich aus den Medien.

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Journalismus legt vor, Experten hecheln hinterdrein.

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Das Wort ›geistig‹ kommt in journalistischen Breiten nicht vor. ›Mental‹ bedeutet: Darauf nehmen wir Einfluss.

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Die Wörter ›think tank‹ und ›Sehschlitz‹ gehören zusammen.

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Denke schlicht und steigere deine performance: Dann wirst du (vielleicht) gefragt. Falls nicht, steht es dir frei, unerbetene Antworten auf ungestellte Fragen zu geben. Aufmerksamkeit erhältst du in dem Maß, in dem du alles so machst wie die anderen, die schon (oder noch) im Brot stehen.

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Wer die Stars des  Informationsgewerbes nachahmt, der sollte sich ein anderes Land dafür suchen, zumindest eine andere Sprache. Es muss original wirken, auch wenn alles auf Nachahmung beruht.

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Regenguss, Wolkenbruch, Schauer, Gewitterregen, Platzregen, Dauerregen, ›heftige‹, ›ausgiebige‹, ›ausgedehnte‹, ›wechselnde‹, ›anhaltende‹ Niederschläge … ersetze all diese Ausdrücke einer nuancierten Sprache penetrant durch das eine Wort ›Starkregen‹ und die Leute sagen: So etwas hat es früher nicht gegeben. Etwas Unheimliches kommt auf uns zu. Das ist exakt, was sie sagen (und denken) sollen.

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Noch einmal: ›Kultur‹ entsteht durch Dreiecksbegierde: Wer aber begehret des anderen … was auch immer. Es ist nicht die Knappheit, die Güter kostbar macht, sondern ihre Singularität. Wenn es nicht mehr gelingt, den Streit, der daraus entspringt, gütlich zu schlichten oder auf dem Rechtswege zu beenden, dann beginnt der Prozess des Zerfalls. Welche soziale ›Zelle‹ davon befallen wird, hängt vom Streitgegenstand ab. Wird der Prozess nicht gestoppt, dann breitet er sich aus –: im Fall der Fälle über die ganze Gesellschaft. Der Konflikt formt die Parteien und sorgt dafür, dass sie einander von Tag zu Tag ähnlicher werden – feindliche Zwillinge, am Ende durch nichts unterschieden als den Konflikt selbst. Das ist in groben Zügen der Sündenbockmechanismus Girards, dessen Pointe darin besteht, dass sich irgendwann alle auf einen (oder eine Gruppe von Menschen gleich welchen ›Merkmals‹) stürzen, den Sündenbock, auf dass wieder Frieden einkehre, der friedlose Frieden kollektiv schuldig Gewordener.

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Niemand weiß, wie viele Sündenbockprozesse normalerweise in einer komplexen Gesellschaft ablaufen und wie sie sich miteinander vermengen. Niemand will es wissen, obwohl es das Normalste der Welt ist, an dem, machen wir uns nichts vor, kräftig verdient wird. Niemand sieht den Sündenbock, der er selbst ist und zu dem er andere macht. Eine Politik, die nicht »Haltet den Dieb!« schriee, hat die Welt noch nicht gesehen.

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Der Sündenbock ist der kulturtheoretische Nenner dessen, was Psychologen ›Massenpsychose‹ und Ideologen ›Verschwörungstheorie‹ nennen, wohl wissend, dass Massen und verborgene Absprachen nur den geringsten Teil des Problems ausmachen, von dem dabei die Rede ist.

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Saddam Hussein, Gaddafi, Assad, Putin – die schier endlose Reihe der ›Schurken‹ Amerikas hat in der Vergangenheit nur eine vergleichsweise geringe Anzahl von Menschen bewogen, dem Schema in toto zu entsagen und die Frage aufzuwerfen, ›was hier eigentlich vorgeht‹. Zu sehr ist das Gros der Leute damit beschäftigt, den ›wirklichen‹ Streitgegenstand aus der Fülle der Verdächtigungen herauszufiltern, um sich auf der ›richtigen‹ Seite in den Kampf zu stürzen – zumindest verbal, denn der Wunsch, sich auf dem Schlachtfeld zu opfern, bleibt besonderen Charakteren vorbehalten. Zu sehr sind sie Verstrickte des Weltgeschehens, auch wenn sie nichts zu sagen und nichts zu melden haben. Erst wenn sie nichts mehr zu beißen haben, räuspern sie sich. Schwer zu sagen, was dann geschieht.

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Wenn die Masken platzen, ist es an der Zeit, das Gesicht zu wahren. In der Regel denkt es sich andersherum.

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Durch Leid geläutert und ins Fleisch gebannt
Auswege rings, der Ausgang fest verklinkt
und doch so offen –
Wer macht die Mühe sich,
das Blatt zu wenden, das so lose liegt.
Und sind doch alle auf derselben Spur.

 

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