Wie erwähnt, ich unterhalte mich gern mit Justus, gewissermaßen über den Zaun hinweg … unser Gespräch dauert selten mehr als drei Sätze, schon holen ihn die herrschenden Zustände ein. Die herrschenden Zustände, folgt man seiner Sichtweise, sind die Zustände der Herrschenden. Er kommentiert sie mit ätzendem, zugleich mürbem Witz. Doch irgendwann mündet die Rede in endlose genealogisch-biographische Verrechnungen ein und verläuft sich dort irgendwo. Ich habe mir abgewöhnt, seine Suada unterbrechen zu wollen. Es lohnt nicht, denn er nimmt sie an anderer Stelle wieder auf und das Band läuft von vorn. (Anmerkung: Wir benützen keine Bänder, nur das Vokabular von vorgestern, und finden es angemessen.) Meist schließt er mit der Feststellung: Was für ein erbärmliches Land sind wir geworden! Ich pflichte ihm bei … nicht immer, aber meistens. Denn er hat recht. Wie sollte er nicht recht haben? Ich kenne die Herrschenden nicht, jedenfalls nicht aus der Nähe, aber was ich von ihnen hörend und sehend zu fassen bekomme, ist nicht geeignet, mir Protest gegen seine Sicht der Dinge zu entlocken. Nur wenn ich finde, dass er meine eigene Stimmung allzu dreist parodiert, sehe ich mich veranlasst gegenzusteuern. Diese schrecklichen Kriege, ob inner- oder außerhalb des Yagir, haben auch mich ein wenig aus der Fassung gebracht. Justus sieht sie als Selbstmanifestation der politischen Klasse. Da er nicht weiß, dass er sich im Yagir befindet und zwar die Zustände, aber nicht die Regeln kennt, nach denen er funktioniert, hat er sich mit der classe politica einen Hampelmann, mancher würde sagen einen Sündenbock gebastelt, dem er für jeden Missstand die Verantwortung hinschiebt. Ich könnte, wie einst Mephisto, an dieser Stelle feixen: Hab ich doch meine Freude dran – … denn gerade dadurch fängt er sich in den Netzen des Yagir und wird ein Angehöriger der Partei, gegen die er sich, bildlich gesprochen, mit Händen und Füßen sträubt: der Antipartei, die gegen den politmedialen Komplex kehrtmacht, also gegen das, was bei Justus classe politica heißt und dafür als ›populistisch‹ gebrandmarkt wird, als Partei des Volkes, was sie vermutlich auch ist, wenn man davon absieht, dass das Volk anderer Ansicht zu sein scheint.