Justus’ Gelächter, es wartet geduldig in der Kulisse, jetzt endlich darf es hervortreten, resolut und herrscherlich. Kein entspanntes Lachen, ein Unruhestifter, ein grollendes, giftiges, beinahe geiferndes, aber zugleich auch freisetzendes Geräusch, das den namenlosen Bewunderer in seinen Stuhl drückt und in ihm die beklommene Frage aufkommen lässt, was da wohl nachfolgen wird. Eigentlich, findet er, dröhnt die Stentorstimme des Alten bloß Banalitäten hinaus, abgedroschenes, x-mal gehörtes Zeug kein Anlass zur Entzweiung. Warum echauffiert der Alte sich so? Da muss er passen. Ist es das Alter selbst, das sich da brachial zu Wort meldet? Der Bruch mit der Wirklichkeit, der irgendwann einsetzt, sind die Kapillaren erst einmal verstopft? Ist nicht alles Vergangene ein wenig … Nazi? Dabei ist der Grund denkbar einfach: Justus hat sich an dem Gartenzwerg, der ihm da gegenübersitzt, satt gehört. Er pocht auf seine Überlegenheit. ›Nur die Besten!‹ – so lautet, laut und leise gesprochen, sein Leitspruch, und jetzt sitzt dieser Typ da. Da hat der Unglücksrabe vis-à-vis Justus’ leicht belustigter Neugier, aus purer Sorge, er könnte mit seiner ›M‹-Schelte wohl überzogen haben, einfach so, voller Eifer, den vermuteten Bruch zu kitten, die vorbildliche Gedenkkultur des Landes hervorgeholt und damit ahnungslos die Büchse der Pandora geöffnet : denn wenn es eine Spezialdisziplin gibt, in der Justus absolute Autorität beansprucht, dann das Gedenken an die unsäglichen Gräuel der Vergangenheit und den verlogen-schlampigen Umgang, den die Stützen der Alzheimer-Gesellschaft, wie sein Gegenüber sie gerade pfiffig, pfiffig! – genannt hat, mit ihm pflegen. Was Justus da von sich gibt, er hat es gefühlt wohl tausendmal von sich gegeben, er badet in seinen Formeln, je drastischer, desto lustvoller, es fehlte nicht viel und er verlangte nach einem Handtuch, um sich danach ordentlich abzufrottieren. Apropos … diese kleinen Unterbrechungen des Alltags, sie machen im Yagir den Alltag aus, sie gestalten ihn, sie sind Teil der ›disruptive order‹, die auf den Namen ›M‹ hört, und keineswegs bloß auf den Namen. Ms‹ eigenes Handeln bietet ausgezeichnete Beispiele dafür, was sich alles erreichen lässt, wenn man Gepflogenheiten, seriöse oder halbseidene, gebettet in devote Sprache, einfach ins Leere laufen lässt und damit ganze Behördenkomplexe entmachtet. Zum Beispiel die Grenztruppen, sind erst verbal alle Grenzen aufgelöst, aber auch die Ministerien des Innen und Außen, die, wie schon die Namen ausdrücken, sich an einer Trennlinie ohne Wenn und Aber orientieren müssen, wollen sie nicht auftragslos im Raum kreisen. Der Yagir ist voll solcher funktionslos dahintreibender Institutionen. In ihrem Bauch werden weiterhin Formulare ausgefüllt, Termine wahrgenommen, Gelder ausgegeben, Uniformen an- und ausgezogen und sogar Urteile gesprochen. Niemand kontrolliert sie, niemand gebietet ihrem zweifelhaften Tun Einhalt. Überwacht allerdings werden sie alle, einschließlich der Überwacher. Dagegen verfolgt das Gelächter des Kritikers, weitab von den Zentren der Macht, einen eher marginal anmutenden Zweck: es soll ihm Gehör verschaffen. Das findet er auch, aber anders als erwartet. Dichter Hakim al-Rashid könnte ein Lied davon singen. Man darf Justus, sofern er nichts davon merkt, einen glücklichen Menschen nennen.

 

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Sie sind essenziell für den Betrieb der Seite (keine Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.