Eine Kollegin, befangen im naiven Glauben, ihn bereits länger zu kennen, hat ihn doch wirklich vor laufender Kamera gefragt, ob er jetzt unter die Dezisionisten gegangen sei. Ich war schon immer Dezisionist, lautete seine anfangs etwas frostige Antwort. Sie, ich, wir alle hier sind Dezisionisten. Wir alle müssen Entscheidungen treffen, täglich, stündlich, minütlich, und wenn wir in die vegetativen Prozesse einsteigen, dann bewegen wir uns im Mikrosekundenbereich und in Größenordnungen, die praktisch nicht beherrschbar erscheinen. Und dabei ermöglichen sie erst Herrschaft. Bei den letzten Worten strahlte er ihr so triumphal ins Gesicht, dass sie, routinemäßig verunsichert, ihm entgegenhielt, mit InQs pflege sie eigentlich keine Gespräche zu führen, und die Moderatorin mit ein paar hastigen Sätzen einspringen musste. Aber Einmaul gab nicht auf. Sie täuschen sich, bereitete er listig lächelnd seinen Vergeltungsschlag vor, doch die Moderatorin, aufgeschreckt von der Aussicht, etwas Unbotmäßiges könne passieren, wich der Angefassten nicht von der Seite und trieb Gesprächsgast Nummer drei an die Redefront, einen Klimasensibilitätsforscher, der sich forsch in den Backenbart griff und die Situation nach Kräften ausnützte, so dass Einmaul in stumme Selbstrede versank und den Anschluss verlor. Warum erfindet man solche Figuren? Ganz einfach: unter der großen Glocke erfindet sich jeder seine Umgebung – je nach Situation und Bedarf. Auch Einmaul macht da keine Ausnahme. Du bist versessen auf einen Auftritt? Dann lade dich hoch. Besser noch: Lass dich hochladen. Warum besser? Es macht keinen Unterschied. Dich verlangt es nach einer Kollegin? Da sitzt sie bereits und hört dir geneigten Kopfes zu. Sprich mit ihr! Schalte sie an, schalte sie aus. Du bereitest dich innerlich auf den Dritten vor? Da sitzt er. Hör ihm freundlich zu! Er wird dich aus dem Rennen werfen. Aus welchem Rennen? Weiß er denn etwas von einem Rennen? Was kümmert’s dich! Scheide aus! Wirf ihn raus! Welches Rennen? War da ein Rennen?

 

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