Auch im Yagir gehen die Menschen hin und her, ganz wie in Romanen. Was ich damit sagen will: auch wenn die moderne Kommunikationstechnik physische Bewegung zu großen Teilen überflüssig macht –: des Menschen Hauptbeschäftigung besteht darin, seine Position im Raum zu verändern. Auch im Yagir treffen und trennen sich die Wege der Menschen, auch im Yagir haben die Verkehrsämter allerorts Ampeln montiert, um das Unfallaufkommen zu reduzieren. Der Fetisch Information ist nicht alles. Es kommt darauf an, wie und wo sie anfällt. Im Lauf der Jahre hat Homomaris begonnen, das Haus nicht mehr zu verlassen – nur mit den Füßen voran, wie er, spröde lächelnd, seiner Nichte verkündete –, seitdem geht er auf und ab: hauptsächlich in seiner Klause, dem Gehäus, wie er es nennt: dort zeichnet, liest und betet er– doch, ja, er betet darin, doch lässt er niemanden wissen, welche Ausdrücke er zu diesem Zweck verwendet und wie ihm dabei zu Mute ist –, ansonsten treppauf, treppab, um die Mahlzeiten einzunehmen und, mehr aus alter Gewohnheit denn aus Überzeugung, das Ehebett zu teilen, denn er lebt keineswegs allein. Befragt man ihn zu seiner künstlerischen Sendung – ich spreche hier wohlgemerkt über die Spätzeit, nicht über den Maler, der er einst war und dessen machtvolle Bilder sich nach und nach in mir zu einem einzigen verdichteten –, dann lautet die Auskunft (und sie klingt nicht halb so verschmitzt, wie sie sich liest): Ich verteidige das ABC. Das taucht die Letternfrage in ein anderes Licht. Folgt man, neugierig geworden, dem Alten in die Welt seiner Idiosynkrasien, so stellt man fest: die Rettung der Buchstaben – denn um sie geht es nach seinem Bekunden – ist kein freundlicher Spleen, sondern eine Grundfrage der Kunst, wenn nicht der Kultur, wobei er in der Schwebe lässt, welche Instanz er für die grundlegendere hält. Die Kultur ist für alle, die Kunst für die wenigen, die etwas davon verstehen. Auch so ein Satz lässt sich umkehren.

Schüttle ihn und es kommt immer etwas heraus, was dir weiterhilft.

Ist das so? Ist das wahr?

Die Wahrheit hilft dem Teufel. Ich halte mich an Buchstaben.

Und es ist wahr: Überblicke ich die Flut der von ihm mit fester, gelegentlich zitternder Hand gezeichneten, ziselierten, kalligraphierten, gekratzten, hingekritzelten, geschabten, ineinander verschlungenen, zu absonderlichen Gegenständen der Einbildungskraft ausgewucherten, sinnreich durchbrochenen, zu Stempeln geformten Buchstaben, dann kommt mir ihr Gewimmel vor wie eine Woge von Kleinstlebewesen, die, auf seltsame Weise mit seiner Gestalt in die Welt aufgebrochen, zu sagen scheint: Wir sind das, was war und sein wird. Beachte uns wohl.

 

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