Don, der Museumsschwärmer, war schockiert, als er begriff, in welchem Ausmaß Homomaris die Welt der Museen verachtete. Gern hätte er wie zufällig in einer der großen Kunstsammlungen den einen oder anderen Homomaris vorgefunden, in Tokio, Toronto, Paris oder, wenn’s denn sein muss, in der Frankfurter Schirn, es hätte ihm nichts ausgemacht, eigens für diesen Zweck ins Flugzeug zu klettern, im Gegenteil, allein die Vorstellung eines solchen Ziels hätte sein Seelenleben bereichert. Aber leider, leider hatte keins dieser Werke, an deren Bewunderung ihm so viel lag, jemals den Weg dorthin gefunden. Stattdessen musste er lernen, dass die Wände moderner Museen Bühnenflächen der Sterilität seien, für keinen anderen Zweck präpariert als den, Kunstwerken, die aus Versehen in ihren Bannkreis gerieten, die Lebensgeister zu entziehen, die überall auf der Welt, an den unsaubersten Orten genauso wie in den luftigen Höhen einer spärlich erleuchteten Kathedrale, hinreichend Nahrung finden könnten außer gerade in einem white cube, zusammengesperrt mit einer Rotte überdimensionierter Leinwände, auf denen rechnerbewehrte Tüftler einige Gramm Farbe verteilt hätten, gerade genug, um den Eindruck farbiger Flächen hervorzurufen, einen falschen Eindruck nebenher, da Farbe – Homomaris hebt die Hand, wann immer seine Rede diesen Punkt streift –, Farbe nun einmal einen Körper besitze, eine majestätische Fülle und übermaterielle Gegenwart, die sich, wo immer sie auf Leinwand treffe, vermählen, manche sagen: kopulieren wolle (was allerdings die komplexe Intensität dieses Vorgangs willkürlich zugunsten des zoologischen Aspekts verkleinere), wozu es bekanntlich des meisterlich geführten Pinsels bedürfe… hier hörte der Don nur noch mit halbem Ohre zu, die eigenen Gedanken – Assoziationen eher – schwappten ihm über Kinn und Nase, er fragte sich, ob nicht einige bunte Lebensgeister sich in sein Naseninneres verirrt hätten und dort zu randalieren begännen, aber der Meister setzte seine Reise unbeirrt fort.

Die Museen hängen voller Fälschungen. Jeder, der sich mit dieser Materie auskennt, weiß das. Die Museumsleitungen tun natürlich alles um zu verhindern, dass es bekannt wird. Im Grunde müsste man die Museen zusperren, bis das Problem gelöst ist. Natürlich geschieht das nicht, die Touristen haben schließlich ein gesichertes Recht darauf, dass man ihnen etwas vorzeigt. Also hängt man ein paar Leinwände daneben, auf denen nichts weiter zu sehen ist als das, was sie auch sonst in ihrem Alltag zu sehen bekommen, etwas, was den Blick nicht beschwert, etwas, was nur die üblichen Fragen aufwirft, bringt uns das weiter oder nicht, so in der Art. Sie sollen ja nicht hinsehen, sie sollen bloß mitbekommen, worum es da wieder geht, wo wohl der Skandal stecken mag, und dann weitergehen. Dafür gibt es dann auch Führungen. Cave duces! Hüte dich vor den Führern!

 

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