Man kann Hakim stundenlang zuhören, ohne etwas über den Groll in Erfahrung zu bringen, der ihn umtreibt. Im Gegenteil, er scheint ängstlich bemüht, diese Spur zu verschleiern, er hat kein Problem damit, wie man ihn behandelt, Probleme wohl, riesige, aber lösbare, der Mensch ohne Probleme muss erst erfunden werden und dergleichen mehr. Eher hört man dem Groll bei der Arbeit zu, er spricht so unverkennbar aus seinen Worten und seinem Gebaren, dass man ihn zu greifen wähnt und doch nichts in der Hand behält. Hakim, der Don, Justus und alle die anderen, sie sind mit einem Satz in den Yagir gesprungen, ohne eine Ahnung von seiner Existenz zu haben (in Wahrheit ist er mit ihrem Sprung zur Existenz gekommen), so dass die Frage nach der Sprungfeder, die sie antrieb, erlaubt sein muss. Näher als sie scheint der kleine Philosoph Einmaul der Sache gekommen zu sein, als er in einem Anfall von … Ehrlichkeit? Eher nicht, eher von Geistesabwesenheit, wie sie der bevorstehende Abgang von der Bühne der allgemeinen Aufmerksamkeit gelegentlich mit sich bringt, einmal von der dichten Lügenatmosphäre sprach (ich glaube, er nahm sogar das Wort ›Lügenwelt‹ in den Mund), in der wir uns alle bewegen. Er vergaß hinzuzusetzen, seit wann, aber niemand nahm es ihm übel, weil man ohnehin Bescheid wusste. Gelogen wird immer, darin bestand die Aussage schon einmal nicht. Bloß die atmosphärische Dichte gab zu denken. Was ist das, was im Yagir unaufhörlich zur Lüge zwingt? Was nötigt die Menschen, alles Gesprochene ohne Umschweife zur Lüge zu erklären und damit postwendend den Vorwurf an den Absender zurückzuschicken? Von der großen Lüge war bereits in Hakims damaligem Vortrag die Rede, ich habe ihn mir eigens kommen lassen (denn man hat ihn seither aus allen Netzen entfernt), um diesen Punkt zu überprüfen, und der Erfolg gab meiner schütteren Erinnerung Recht. Hakim, ich tadle ihn dafür nicht, sprach davon, dass es einen Punkt gebe, an dem Freiheit zu Lüge werde, einen Umschlagpunkt gewissermaßen, an dem die Freiheit als aufgehoben zu betrachten sei, und das sei kein Honigschlecken – er verweilt noch ein wenig bei diesem Bild, ergänzt es um den tapsigen Bären aus dem Kindermärchen, der in die Honigfalle gerät (also doch Honigschlecken!) und nicht mehr herausfindet, es sei denn mit Hilfe seiner Feinde … ja sicher, er spricht von Feindschaft, wenngleich verhalten, von kommenden Feindschaften, von denen sich heute niemand eine Vorstellung machen könne (schon damals … aha), und – ah, da! – er beschwört den Kanon der gemeinsamen Bilder, der jetzt in Gefahr gerate, er belässt es bei dieser blassen Metapher, die vielleicht keine ist, wenn man bedenkt, dass wir alle in Bildern leben, in, mit und durch Bilder gewissermaßen, als sei das ganze Leben ein Hologramm, was ja auch manche Forscher behaupten. Und auch diese Forscher, sie lügen vermutlich … nein, das steht nicht in der Rede, das geht ganz allein auf meine Rechnung. Man soll, finde ich, die Forscher nicht außen vor lassen, wenn es um die Erkundung des Yagir geht. Sie waren und sind tüchtige Vorarbeiter und ›M‹ weiß sich ihrer seit den Anfängen zu bedienen.

 

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