Wäre Justus nur Raucher, er wäre, trotz allem, ein glücklicher Mensch. Als die ersten Abgasverordnungen für Pkw kamen, war er entzückt. Weg mit den Stinkern! Die Stinker verschwanden aus dem Straßenbild. Aber seltsam, parallel zu den Bestimmungen, die sich verschärften, nahm die unsichtbare Bedrohung unaufhörlich zu. Herma, die gute alte Herma gestand ihm irgendwann, diese Stickoxide brächten sie jedes Mal, wenn sie sich in die Innenstadt wagte, an den Rand des Erstickens. Echt jetzt? Beherzt setzte sie sich in ihren Stadtflitzer, hupte und fuhr davon. Justus musste nachdenken. Stickoxide … das Wort erinnerte ihn an seine Schulzeit, NOx, et erat nox. Nacht trat vor seine Augen, er fühlte sich ratlos, ahnte die Gefahr. Gern hätte er sich, den steifer werdenden Gliedern zuliebe, einen höheren Renner gegönnt, vier oder fünf Zentimeter würden ihm locker reichen, aber nach einem Blick auf die wütenden Anwürfe gegen SUVs, wie diese modernen Kutschen genannt wurden, und die gebetsmühlenartig erhobenen Forderungen nach ihrem Verbot, zumindest aber nach astronomischer Besteuerung verzichtete er auf alle Bequemlichkeiten des Einstiegs. Kein Zweifel, das Volk dachte mit, es drückte aufs Tempo der Verbote, es wollte heraus aus der Gegenwart, der leeren Hülse der Zukunft, an der es sich offenkundig wundrieb, jedenfalls wenn man den Worten mancher Politiker glaubte. Eine blutjunge Seherin aus dem Norden trat auf, von der das Gerücht umlief, sie könne Kohlendioxid mit bloßen Augen sehen – vielleicht auch bloß mit den Augen des Herzens –, eine Gabe, die bis zu diesem Zeitpunkt noch keiner Sterblichen zuteil geworden war. Ein Kranz von Bewunderern, der stets um sie herum war, bestätigte die Echtheit des Phänomens und binnen kurzem stieg Kohlendioxid zur schädlichsten Substanz des Universums auf und die Autoritäten erklärten ihm den Krieg. Auch Justus begann es zu fürchten und äußerte sich immer häufiger besorgt über die Zunahme dieses fatalen Zeugnisses unserer Zivilisation. Ein kollektives Atmungsverbot wurde erwogen, aber wegen möglicher Folgeprobleme auf einen späteren Zeitpunkt verschoben. Entlastung versprach die hurtige Einführung des Elektroautos. Aber die Freude währte nur kurz. Kein Wunder, denn es war eine falsche Freude, die von fehlender Rücksicht auf den keine Ausnahmen duldenden Regelungsbedarf des Yagir zeugte.

 

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